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Politik: ...Sekt in die falsche Richtung fließt

Lebensmittelmissbrauch ist immer en vogue. Heute wird er wieder zu sehen sein, wenn sich die Münchner Fußballspieler hektoliterweise das Bier über den Kopf schütten.

Lebensmittelmissbrauch ist immer en vogue. Heute wird er wieder zu sehen sein, wenn sich die Münchner Fußballspieler hektoliterweise das Bier über den Kopf schütten. Lebensmittelmissbrauch hat es immer schon gegeben. Man denke an Eva, die Adam den Apfel reichte. Und zwar nicht zum Verzehr.

Ein berühmter Lebensmittelmissbraucher war Dieter Kunzelmann. Der hat 1995 dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, ein Ei auf dem Kopf zerdrückt und dazu gesagt: „Frohe Ostern, du Weihnachtsmann.“ Das war nicht ohne Originalität, aber es war trotzdem ein Plagiat. Das erste Ei in Deutschland flog nämlich schon im Jahre 1964 und traf den kongolesischen Ministerpräsident Moise Tschombé. Jenes historische Ei gilt als Initialwurf für die Studentenbewegung.

Die Eier, die Frank Steffel vor Jahren im Berliner Wahlkampf zugedacht waren, gelten hingegen als Anfang seines Niedergangs. Weil sich Steffel mit sozusagen entblößter Brust dem Eierhagel stellte. Und zwar hinter Stoibers schmalem Rücken. Ein anderes Ei traf Helmut Kohl seinerzeit in Halle. Auch Kanzler Schröder wurde schon eins überreicht, das war am Bahnhof Wittenberge. Die Bananen, die Oliver Kahn inzwischen aus seinem Tor geklaubt hat, sind zwar nicht zu zählen, aber in puncto Lebensmittelmissbrauch behauptet das Ei eindeutig seine Spitzenposition. Um wirksam zu sein, sollte es allerdings ungekocht sein. Ein herausragendes Prinzip des Lebensmittelmissbrauchs ist, dass er sich von unten nach oben vollzieht. Oder von klein auf groß, von machtlos auf mächtig, von arm auf reich.

Nur in der Formel I ist das anders. Da missbrauchen die Sieger den Schampus. Und zwar spritzen sie ihn von gleich zu gleich. Zur Strafe für den Frevel kleben sie hinterher. Eine völlig neue und unerwartete Variante des Lebensmittelmissbrauchs hat nun der Senator für Wirtschaft und Häfen und Kultur aus Bremen vorgestellt. Aber das ist Peter Gloystein von der CDU jetzt nicht mehr. Peter Gloystein hat gegen das herausragende Prinzip verstoßen. Er hat bei einem Weinfest von der Bühne herab einem Zuhörer eine Flasche Winzersekt, Riesling, Brut über den Kopf gegossen. Einfach so mal. Von oben nach unten. Der arme Tropf, also der Zuhörer, war und ist arbeitslos. Zur Entschuldigung wollte Peter Gloystein ihm seinen teuren Montblanc-Kugelschreiber schenken. Der Mann lehnte aber ab. Es gibt also noch etwas, was diesen Mann vom ehemaligen Senator für Wirtschaft, Häfen und Kultur unterscheidet: Das ist die Würde.uem

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