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Politik: 1,98-Meter-Mann mit Siegerlächeln

Wolfgang Tiefensee (SPD) war von Anfang an Favorit der Leipziger Oberbürgermeisterwahl.

Leipzig (10.04.2005, 23:11 Uhr) - "Alles nur eine Momentaufnahme", spielte der 50-Jährige bis zuletzt hervorragende Umfrageergebnisse herunter. Am Ende wurden diese Realität: Mit deutlicher Mehrheit und im ersten Wahlgang wurde der Sozialdemokrat im Amt bestätigt. Sieben weitere Jahre regiert Tiefensee die größte ostdeutsche Kommune, die als Boomtown Ost gilt. Damit haben die Gegenkandidaten ihr Ziel, einen zweiten Wahlgang, deutlich verfehlt.

Der 1,98-Meter-Mann mit Siegerlächeln und klarer Sprache lässt wenig Raum für Konkurrenz. Die Leipziger lieben «ihren Wolfgang». Bei einer Arbeitslosigkeit von 21,6 Prozent zählen wirtschaftliche Erfolge wie die Ansiedlung von BMW und Porsche oder jüngst die Entscheidung für das internationale DHL-Logistik-Luftdrehkreuz in Leipzig. Und die sind in der Öffentlichkeit vor allem mit dem Namen Tiefensee verbunden. Die Investoren loben die schnelle und unbürokratische Arbeit im Rathaus.

Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Pfund des bekennenden Katholiken ist seine Treue zur Heimat. Mehrfach schlug er Angebote für andere Ämter aus und wechselte nicht in die Bundesregierung oder zur Spitze der Landes-SPD. Gebetsmühlenartig hat er den Satz wiederholt: «Mein Platz ist in Leipzig.»

Der ganz große Wurf ist mit dem sehr früheren Ausscheiden der Olympia-Bewerbung nicht gelungen. Die Querelen darum haben Tiefensees Image als «Strahlemann» und «Macher» Kratzer zugefügt. Ernsthaft geschadet haben sie ihm nicht. Bedrohlicher wirkten zusätzliche Vorwürfe um Missmanagement und Alleingänge an der Verwaltungsspitze. Aber auch diese Diskussionen schienen die Wähler nicht ernsthaft zu berühren.

Dem Sozialdemokraten haben sie hingegen den jungenhaften Charme ein wenig genommen. Der ambitionierte Cellospieler wirkt wesentlich dünnhäutiger als vor dem «heißen Herbst» der Olympia-Bewerbung, desillusioniert. Damals hat der frühere Bürgerrechtler erfahren, wie eisig der Wind wehen kann. Stasi-Debatten und Untreuevorwürfe gegen Olympia-Macher in seinem Umfeld hatten die Bewerbung belastet und bei ihm tiefe menschliche Enttäuschung hinterlassen. (Von Marion van der Kraats, dpa)

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