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Euro-Banknoten. (Symbolbild)

© Jens Kalaene/dpa

1. Halbjahr 2018: 48,1 Milliarden Euro: Rekordüberschuss für den deutschen Staat

Die deutsche Wirtschaft läuft rund. Das spült Milliarden in die Kasse von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung.

Der Daueraufschwung in Deutschland hat der Staatskasse im ersten Halbjahr 2018 einen Rekordüberschuss beschert. In den ersten sechs Monaten nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Das teilte das Statistische Bundesamt am Freitag anhand vorläufiger Daten mit. Es war der höchste Wert in einem Halbjahr seit der Wiedervereinigung.

Alle staatlichen Ebenen erzielten ein Plus, wie die Statistiker mitteilten. Beim Bund blieb nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ein Überschuss von 19,5 Milliarden Euro, bei den Ländern von 13,1 Milliarden Euro, bei den Kommunen von 6,6 Milliarden Euro und bei den Sozialversicherungen von 9,0 Milliarden Euro.

Bereits im Gesamtjahr 2017 hatte der Überschuss der öffentlichen Haushalte einen neuen Höchststand erreicht. Damals betrug der Finanzierungsüberschuss insgesamt 36,6 Milliarden Euro.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung lag der Überschuss im ersten Halbjahr bei 2,9 Prozent. Deutschland bleibt damit weit entfernt von der Schuldenobergrenze, die sich die Europäer in ihren gemeinsamen Verträgen zugestehen (Maastricht). Erlaubt ist demnach höchstens ein Haushaltsdefizit von 3,0 Prozent der nominalen Wirtschaftsleistung. Zuletzt verfehlte Europas größte Volkswirtschaft diese Marke im Gesamtjahr 2010 mit einem Minus von 4,2 Prozent.

Angetrieben vor allem von der Konsumlust der Verbraucher und dem Bauboom stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal im Vergleich zu den ersten drei Monaten des laufenden Jahres um 0,5 Prozent. Die Wiesbadener Behörde bestätigte damit erste Daten. Zum Jahresanfang war die Wirtschaft um 0,4 Prozent gewachsen.

Handelskonflikte beunruhigen

Die historisch gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und Lohnzuwächse sorgen für Kauffreude der Verbraucher. Die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen, stiegen den Angaben zufolge im Frühjahr ebenfalls. Auch die Investitionen der Unternehmen in Ausrüstungen wie beispielsweise Maschinen trugen zum Wachstum bei. Vom Außenhandel kamen dagegen keine Impulse, weil die Importe stärker stiegen als die Exporte.

Experten gehen davon aus, dass sich der Aufschwung fortsetzt. Gegenüber dem vergangenen Boomjahr könnte er allerdings etwas an Tempo verlieren. Für Unruhe sorgen vor allem Handelskonflikte.

Der Streit zwischen den USA und China hatte in dieser Woche eine neue Eskalationsstufe erreicht. Ökonomen befürchten, dass die beiden größten Volkswirtschaften der Welt auf einen Handelskrieg zusteuern, der Auswirkungen auf die globale Wirtschaft haben könnte. Das könnte die deutsche Wirtschaft empfindlich treffen, deren Exportindustrie sowohl mit den USA als auch China eng verwoben ist.

Einschätzungen von Ökonomen

Carsten Brzeski, ING-DiBa-Chefökonom: "Die deutschen Wachstumsdaten deuten darauf hin, dass die anhaltenden Handelsspannungen im zweiten Quartal zwar eine Bedrohung waren, aber keine signifikanten Spuren in der Wirtschaft hinterlassen haben. Offensichtlich könnte sich das in den nächsten Monaten ändern. Auch wenn die EU zumindest vorübergehend von den US-Radarschirmen verschwunden zu sein scheint - die Reihe der deutschen Exportpartner, die durch Sanktionen, Zölle oder Wirtschaftskrisen geschädigt werden, wird immer länger. Dies gilt etwa für China, Russland, die Türkei, den Iran oder potenziell Großbritannien."

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Jörg Krämer, Commerzbank-Chefvolkswirt: "Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sehen wir eine nur milde Wachstumsabschwächung im Vergleich zu den beiden Vorjahren. Diese konzentriert sich vor allem auf die Industrie. Das hat damit zu tun, dass sich der starke Exportschwung normalisiert hat. 2016 und 2017 waren die Exporte noch hochgeschossen, dadurch auch die Industrieproduktion. Jetzt erleben wir eine Normalisierung der Industriekonjunktur, nicht zuletzt wegen der Aufwertung des Euro in der Vergangenheit. Das schlägt aber wegen des starken Konsums nur wenig auf das gesamte Wachstum durch. Wir erwarten 2018 ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 1,8 Prozent, nach 2,2 Prozent im vergangenen Jahr. Deutschland wächst damit weiterhin stärker, als es das Produktionspotenzial eigentlich hergibt. Die Arbeitslosigkeit wird daher weiter fallen."

Stefan Kipar, BayernLB: "Das Wachstum von 0,5 Prozent überrascht positiv. Die Konjunkturdelle im ersten Halbjahr ist nicht so schlimm ausgefallen wie von vielen befürchtet. Was Mut macht, ist, dass die Investitionen nicht zurückgegangen sind. Die Auslastung und die Geschäftsaussichten sind immer noch so gut, das die Unternehmen ihre Investitionspläne nicht aufgeben. Aktuell sehen wir zwar noch keine Exportschwäche. Klar ist aber auch, dass die Risiken auf der Exportseite wegen des Handelsstreits mit den USA gestiegen sind." (dpa, AFP, Reuters)

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