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Politik: ABBAS

Mahmud Abbas hat es in der Hand. Er kann Historisches leisten, zum Helden seines Volkes aufsteigen, den Übervater Jassir Arafat vergessen machen und sich einen Platz in den Geschichtsbüchern sichern.

Mahmud Abbas hat es in der Hand. Er kann Historisches leisten, zum Helden seines Volkes aufsteigen, den Übervater Jassir Arafat vergessen machen und sich einen Platz in den Geschichtsbüchern sichern. Vorausgesetzt, dem Palästinenserpräsident gelingt es, was bislang keinem seiner Landsleute gelungen ist: mit Israel eine tragfähige Zwei-Staaten-Lösung zu vereinbaren und so den Nahostkonflikt zu beenden.

Die kommenden Wochen und Monate werden darüber entscheiden. Denn allen Beteiligten ist klar, dass die derzeit laufenden Friedensgespräche auf absehbare Zeit die letzten sein werden. Scheitern die Verhandlungen, wird der Status quo zementiert. Keine Frage, für Israel wäre das schlimm. Schon heute hängen die besetzten Gebiete wie ein Klotz am Bein des jüdischen Staates. Politisch, militärisch und wirtschaftlich. Vom schlechten Image des Landes ganz zu schweigen.

Doch ungleich katastrophaler wäre ein Abbruch der Gespräche für die Palästinenser. Sie müssten wieder mal alle Hoffnung auf Eigenständigkeit und Selbstbestimmung fahren lassen. Und die Enttäuschten würden diese schmachvolle Niederlage nicht nur den „Zionisten“ anlasten, sondern auch Mahmud Abbas. Als König ohne Land müsste er abdanken. Ein Erfolgloser, der seinen eigenen hohen Ansprüchen nicht mal annähernd gerecht werden konnte. Genau das will der seit genau zehn Jahren amtierende – wenn auch nicht durch Wahlen legitimierte – Palästinenserpräsident unbedingt verhindern. Und es ist ungeachtet aller Unkenrufe keineswegs unvorstellbar, dass im Laufe des Jahres eine Übereinkunft mit Israel erzielt wird.

Was nicht zuletzt Abbas’ diplomatischem Geschick zu verdanken wäre. Im Ausland gilt der 78-Jährige schon lange als zuverlässiger und kompromissbereiter Partner, der wirklich Frieden meint, wenn er von Frieden redet. Selbst Israels Premier Benjamin Netanjahu weiß, dass er auf den moderaten Abbas setzen muss. Denn dessen Nachfolger wird mit Sicherheit aus dem Kreis der jüngeren Politikergeneration kommen. Deren Vertreter werden zumeist den Hardlinern zugerechnet. Und genau darin besteht Abbas’ größte Herausforderung: Sollte tatsächlich unter Vermittlung der USA eine Vereinbarung zustande kommen, muss er sie als Erfolg verkaufen. Das dürfte ihm schwerfallen. Auch die Palästinenser werden als Gegenleistung für einen eigenen Staat viele Kröten schlucken müssen. Gelingt es Abbas, das Unvermeidliche schmackhaft zu machen, könnte er sogar etwas schaffen, was derzeit als ausgeschlossen gilt: die im Gazastreifen regierende Hamas mit ins Friedensboot zu holen und das palästinensische Volk wieder zu einen. Ein Platz in den Geschichtsbüchern wäre Abbas gewiss. Christian Böhme

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