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Politik: Ackermann sucht Kunden Von Moritz Döbler

Josef Ackermann ist wieder da. Er hält Reden, gibt Interviews.

Josef Ackermann ist wieder da. Er hält Reden, gibt Interviews. So viel vorweg: Wer auf eine falsche Geste, ein falsches Wort lauert, tut das vergeblich. Auf den ersten Blick verfolgt der Schweizer eine CharmeOffensive, um für die Deutschen nicht das hässliche Gesicht des Kapitalismus zu bleiben. Erst das Victory-Zeichen vor Gericht, dann Milliardengewinne und Stellenabbau auf einen Streich – ein unsensibler, ein vaterlandsloser Geselle, das war das Urteil.

Doch die Kapitalismusdebatte mit ihm am Pranger brachte der SPD keinen Erfolg bei der NRW-Wahl im Mai. Er befürchte, im Bundestagswahlkampf wieder „in diese Rolle gedrängt zu werden“, sagt er – und weiß doch, dass die Debatte längst abgeflaut ist. Alle kapieren, dass die soziale Marktwirtschaft und der rheinische Kapitalismus nur überleben, wenn sich der Standort Deutschland rechnet. Ackermann hat hier inzwischen ein leichtes Spiel; so schnelllebig sind die Zeiten. Einen Boykott, wie vor vier Monaten aus der SPD gefordert, braucht er nicht zu fürchten. Aber es ist seine Vision für die deutsche Bankenbranche, die der Politik, seinen Kollegen und letztlich uns allen Kopfzerbrechen bereiten sollte.

Erstens fordert Ackermann, Deutschlands Banken müssten zusammenrücken, um international mithalten zu können. Das hält er aber zweitens für schwierig: Jobabbau lässt sich in Deutschland nicht vermitteln, die Politik redet mit, und die drei Säulen des Sektors – private, genossenschaftliche und öffentlich-rechtliche Institute – sind wie aus Beton. Sagt Ackermann. Weil die Hypo-Vereinsbank als zweitgrößte deutsche Bank gerade in italienische Hände wechselt, klingt das plausibel. Rettet den Bankenstandort! Immerhin rief auch der Bundeskanzler zur Konsolidierung auf. Und doch verkennt diese Forderung, dass die Zahl der Banken hier zu Lande seit 1997 bereits um mehr als ein Drittel abgenommen hat und die Deutsche Bank mit mehreren Übernahmeversuchen gescheitert ist. Bei Commerzbank und Postbank klappte es nicht, die Dresdner Bank ging an die Allianz.

Es geht Ackermann auch nicht um den Bankenstandort Deutschland, sondern vor allem um die Privatkunden. Dieses Geschäft, in den Zeiten der New Economy vernachlässigt, durch einen Zukauf zurückzuerobern – das wäre für die Deutsche Bank eine elegante Lösung. Aber sie zeichnet sich nicht ab. Es sei denn, die Länder änderten auf breiter Front ihre Sparkassengesetze, wie das Berlin schon getan hat. In den Sparkassen nämlich liegen die Milliarden der treuen Kunden, die ein Konto haben, mal einen Kredit brauchen, vielleicht eine Immobilie finanzieren und ihre Altersvorsorge regeln; die am Schalter persönlich begrüßt werden wollen, die Geldautomaten hinnehmen, aber von Online-Banking und Aktiendepots wenig wissen wollen.

Erfreulich für die Deutsche Bank, wenn man dort zum Zuge käme. Zum Beispiel bei der WestLB: Die neue NRW-Regierung will ihre Anteile verkaufen. Oder bei der Bankgesellschaft Berlin: Der Senat muss sie auf Grund einer EU-Auflage samt Sparkasse bis Ende 2007 verkaufen. Aber der Sparkassensektor schläft nicht, man will in Düsseldorf und Berlin mitbieten. West-LB-Chef Thomas Fischer, früher Vorstand der Deutschen Bank, gibt diese markige Losung aus: „Die Position des nationalen Champions ist frei.“

Es sieht nicht danach aus, dass sich die öffentlich-rechtlichen Banken das Privatkundengeschäft entreißen ließen. Die Deutsche Bank, einzige deutsche Bank globalen Zuschnitts, wird sich vorerst woanders durchsetzen müssen.

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