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Politik: Ärger mit dem Ziehvater: Niedersachsens Ministerpräsident Gabriel und seine Last mit dem Amtsvorgänger

Vor wenigen Wochen noch rühmte sich die SPD in Niedersachsen, wie rasch sie eine politische Krise lösen können. So war der bisherige Ministerpräsident Gerhard Glogowski vergangenen November nur eine Woche nach Bekanntwerden der Vorwürfe zu Vorteilsannahmen zurückgetreten, zwei Tage danach stand schon sein Nachfolger Sigmar Gabriel fest.

Vor wenigen Wochen noch rühmte sich die SPD in Niedersachsen, wie rasch sie eine politische Krise lösen können. So war der bisherige Ministerpräsident Gerhard Glogowski vergangenen November nur eine Woche nach Bekanntwerden der Vorwürfe zu Vorteilsannahmen zurückgetreten, zwei Tage danach stand schon sein Nachfolger Sigmar Gabriel fest. "Daran kann sich die CDU ein Beispiel nehmen", hieß es damals.

Doch mittlerweile zeigt sich, dass der Fall Glogowski noch lange nicht ausgestanden ist. Während sich inzwischen ein Untersuchungsausschuss des Landtags gebildet hat, kommen neue Hinweise auf Ungereimtheiten in der Amtszeit Glogowskis auf den Tisch. Gleichzeitig betont der frühere Regierungschef seinen Willen, weiterhin in der Politik mitmischen zu wollen. Seine Genossen fanden das zunächst gut. Doch das hat sich geändert.

Im Dezember hatte die Landesregierung einen "Sonderermittler" berufen, der die Vorwürfe an Glogowskis Adresse aufbereiten und bewerten sollte. Inzwischen sind seine Prüfungen nahezu abgeschlossen. Er hat Hinweise für den bereits vor dem Rücktritt geäußerten Verdacht gefunden, in der Staatskanzlei seien Akten manipuliert worden. Dabei geht es um Unterlagen über Glogowskis Aufsichtsratsmandate und um die Frage, ob er die dortigen Vergütungen ordnungsgemäß an die Landeskasse abgeführt hatte. Aus einer diesen Vorgang betreffenden Akte, so heißt es, sind Teile ausgesondert worden. Außerdem hegt der Sonderermittler anscheinend den Verdacht, die Anforderung einer Rechnung für eine Ägypten-Reise Glogowskis sei erst nachträglich geschrieben und rückdatiert worden.

Diese Erkenntnisse führen zu dem Schluss, die erhoffte "Reinwaschung" Glogowski werde ausbleiben. Vielmehr sorgen sich manche Sozialdemokraten, es könnten sich in nächster Zeit Berichte über Verfehlungen des früheren Regierungschefs häufen und die SPD belasten. In diesem Zusammenhang wird parteiintern als "Fehler" eingeschätzt, dass Glogowski nicht längst alle wichtigen politischen Ämter in seiner Partei aufgegeben hat. Diesen Fehler muss sich allerdings auch sein Amtsnachfolger Sigmar Gabriel anlasten.

Mit Gabriels Billigung ist Glogowski erst Anfang Januar für den Aufsichtsrat der Norddeutschen Landesbank berufen worden. Das war ein Signal der Solidarität, das die SPD an ihren früheren Regierungschef ausgesendet hat. Die Partei wollte ihn nicht fallen lassen. Besonders gilt das für Gabriel, dessen persönliche Freundschaft zu Glogowski auch nach der Affäre ungetrübt geblieben ist. Gabriel, ein "Ziehsohn" seines Vorgängers in der Landespolitik, wollte offenbar verhindern, dass Glogowski unter dem Verlust seiner führenden Ämter allzu sehr leidet. Der Aufsichtsratsposten bei der Nord/LB war als "Trostpflaster" gedacht.

Nach dieser Nominierung fühlte sich Glogowski zu neuem politischen Mut angestachelt. Mehrfach verkündete er, sich nicht aus der Politik zurückziehen zu wollen. Er wolle den in der SPD wichtigen Vorsitz des Parteibezirks Braunschweig behalten, außerdem seinen Posten als Vize-Chef der Landespartei. In einer Handvoll Aufsichtsräte wirkt Glogowski weiterhin mit, außerdem in der Braunschweiger Kommunalpolitik. Im Landtag will er im Wirtschaftsausschuss arbeiten.

Ein Rückzug komme für ihn nicht in Frage, sagte Glogowski kürzlich: "Das kann ich der Politik nicht antun." Einige seiner Fraktionskollegen im Landesparlament fassten das als eine Kampfansage auf. Der Ministerpräsident a. D. lasse sich vom Untersuchungsausschuss ebensowenig beeindrucken wie von belastenden Erkenntnissen des regierungsinternen Sonderermittlers. Solange er nun führende Funktionen für die SPD innehat, könnten die nun wieder hochkochenden Vermutungen und Vorwürfe die Partei mit beschädigen. Nicht wenige Sozialdemokraten hoffen deshalb, es werde schnell eine neue Verwendung für den Alt-Ministerpräsidenten gefunden - weit weg von der Landespolitik.

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