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Ärzte-Proteste: Tausende Praxen blieben geschlossen

Zum Auftakt einer bundesweiten Protestwoche haben tausende niedergelassene Mediziner in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ihre Praxen geschlossen. Ihre Kritik: Zu viel Arbeit und Bürokratie, zu wenig Geld.

Stuttgart/Magdeburg - Die Ärzte wenden sich gegen eine aus ihrer Sicht unzureichende Bezahlung, schlechte Arbeitsbedingungen sowie gegen eine überbordende Bürokratie. Am Mittwoch ist ein "Tag der Ärzte" mit einer zentralen Demonstration in Berlin vorgesehen.

Die gesetzlichen Krankenkassen kritisierten die Aktionen als wirklichkeitsfremd. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) äußerte zwar "großes Verständnis". Ihr Ministerium wies aber darauf hin, dass Honorar und Umsatz der Haus- und Fachärzte in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen seien.

Im Regierungsbezirk Stuttgart wurden nach Angaben des MEDI-Verbundes, der mit anderen Verbänden zum Protest aufgerufen hatte, 1200 geschlossene Praxen gemeldet. In den kommenden Tagen sollen auch Praxen in den drei anderen Regierungsbezirken des Landes geschlossen werden. Den Notdienst übernehmen die Notfallpraxen. In Halle und Magdeburg demonstrierten rund 1000 niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie Praxishelferinnen. Auch in Brandenburg blieben laut Kassenärztlicher Vereinigung Praxen geschlossen.

Der Verband der Freien Ärzteschaft geht davon aus, dass am Mittwoch bundesweit die Hälfte aller Praxen geschlossen bleibt. In Schleswig-Holstein wollen rund 2000 niedergelassene Ärzte in der kommenden Woche für jeweils einen Tag schließen.

Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe kündigte weitere Proteste für die nächsten Monate an. "Wir brauchen endlich einen fairen Umgang mit den Ärzten. Sonst wird es im Gesundheitsstandort Deutschland bald noch mehr arztfreie Zonen geben", sagte er. Torsten Koplin, gesundheitspolitischer Sprecher der Linkspartei, unterstützte die Proteste und nannte die 2003 beschlossene Gesundheitsreform eine "komplette Fehlkonstruktion".

Ministerium zweifelt an Ärzte-Aussagen

Der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Klaus Vater, bezweifelte die Darstellung von Ärzteverbänden, 20 bis 30 Prozent der Arztpraxen stünden vor dem Aus. Zwischen 1999 und 2003 seien die Honorarsummen der Hausärzte jährlich um 1,3 Prozent gewachsen, die Umsätze um 1,5 Prozent. Bei den Fachärzten habe der Anstieg 3,5 beziehungsweise 1 Prozent betragen. "Die Situation kann nicht so dramatisch sein, wie vielfach behauptet wird." Der Umsatz liege durchschnittlich bei 200.000 Euro pro Jahr.

Die Arbeitsgemeinschaft Spitzenverbände der gesetzlichen Kassen teilte mit, für die niedergelassenen Mediziner könne es insgesamt nur dann mehr Geld geben, wenn auch die Beitragszahler wieder deutlich besser verdienten. Ihr angeblich zu niedriges Einkommen stamme von Beitragszahlern, die im Durchschnitt ein jährliches Bruttoeinkommen von 26.520 Euro hätten.

Unterdessen gingen die Tarifverhandlungen zwischen Marburger Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die 22.000 Ärzte an Universitätskliniken in Stuttgart in die möglicherweise entscheidende Runde. Hauptziele des Marburger Bundes sind die Abschaffung von Marathon-Diensten, eine höhere Grundvergütung und die Bezahlung von Überstunden. Bereits in den vergangenen Monaten hatte es an den Kliniken Streiks gegeben. (tso/dpa)

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