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Politik: AIS beendet ihren blutigen Kampf für eine "Islamische Republik" in Algerien

In den kommenden Tagen wird es wohl in vielen algerischen Familien Freudenfeste geben, um die Rückkehr ihrer Väter und Söhne aus den Bergen zu feiern. Die vom algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika als "Verirrte" bezeichneten Mitglieder der "Islamischen Armee des Heils" (AIS) können sich hoch erhobenen Hauptes ihren Verwandten präsentieren.

In den kommenden Tagen wird es wohl in vielen algerischen Familien Freudenfeste geben, um die Rückkehr ihrer Väter und Söhne aus den Bergen zu feiern. Die vom algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika als "Verirrte" bezeichneten Mitglieder der "Islamischen Armee des Heils" (AIS) können sich hoch erhobenen Hauptes ihren Verwandten präsentieren. Denn: Mit einer am Dienstag - nur zwei Tage vor dem Ablauf eines Ultimatums zur Entwaffnung von islamistischen Terroristen - verkündeten General-Amnestie erhalten die AIS-Kämpfer ihre vollen Bürgerrechte zurück. Sie haben dann ein Anrecht auf ihre ehemalige Arbeitsstelle und sogar eine kleine Rente (etwa 110 Mark, also fast der gesetzliche Mindestlohn).

Die vollständige Begnadigung der AIS bedeutet jedoch gleichzeitig auch das Ende ihrer Existenz, denn im Gegenzug zum Dekret des Präsidenten verkündete deren "Emir", Madani Mezrag, die sofortige Auflösung seiner Organisation und die Abgabe der Waffen. Es ist müßig, sich darüber zu streiten, wer denn nun als Sieger aus der Auseinandersetzung zwischen militanten Islamisten und Staatsmacht hervorgegangen ist. Beide Seiten mussten Konzessionen machen. Die AIS kann ihr Ziel, eine "Islamische Republik" nach iranischem Beispiel mit Waffengewalt zu erzwingen, nun nicht mehr erreichen. Dafür hat sie in beinahe zweijährigen Verhandlungen ihren Status von der "blutrünstigen Terrorbande" zum ernsthaften Ansprechpartner der Generäle erhöht und gleichzeitig ihren ideologische Führern von der verbotenen Fundamentalistenpartei "Islamische Heilsfront" (FIS) die Rückkehr in die politische Szene ermöglicht. Nie zuvor in dem nun schon seit 1992 anhaltenden Bürgerkrieg war dem unter Hausarrest stehenden FIS-Führer Abassi Madani oder dem im deutschen Exil lebenden Auslandschef Rabah Kebir eine solche Bühne geboten worden, wie in den vergangenen Monaten. Ihre Meinungsäußerungen schmückten die Titelseiten der privaten Presse und die Machthaber veröffentlichten die Briefe Madanis an den Präsidenten in den staatlichen Massenmedien. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge ist selbst eine Wiedergeburt der FIS unter anderem Namen nicht mehr auszuschließen.

Die Auflösung der AIS bedeutet jedoch nicht gleichzeitig das Ende des bewaffneten Konflikts, denn eine andere, weitaus gefährlichere Terrororganisation zeigt keinerlei Zeichen des Einlenkens. Die Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) wollen stattdessen ihre Anschläge auf Militärs und Zivilisten noch verstärken.

Clemens Altmann

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