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Politik: Alle geben alles

Partys, Firmenbesuche und Hilfe aus Berlin: Wie SPD, Union und die anderen siegen wollen

Von Hans Monath

Berlin - Wenn die Umfragewerte eher deprimierend sind, hilft vielleicht ein Slogan, der eine lichte Zukunft verspricht: „Aktion Morgenröte“ heißt bei den nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten eine Aktion, die Landesparteichef Harald Schartau für kommende Woche plant: Gut zwei Wochen vor dem Wahltag will der schnauzbärtige Sozialdemokrat die Arbeiter der Ford-Werke in Köln morgens um sechs bei Schichtbeginn daran erinnern, warum sie zur Verteidigung ihrer sozialen Rechte und der Bildungschancen ihrer Kinder am 22. Mai ihr Kreuz bei der SPD machen sollen.

Gefordert sind in der Schlussphase des NRW-Wahlkampfs nicht nur die Vorsitzenden und Spitzenkandidaten aller vier im Düsseldorfer Landtag vertretenen Parteien. Weil die Entscheidung an Rhein und Ruhr als Weichenstellung für die Bundestagswahl 2006 gilt, engagiert sich die Bundesprominenz aller Parteien diesmal so stark wie kaum in einem anderen Landtagswahlkampf zuvor.

Bis zum Wahltag in zwei Wochen will etwa CDU-Chefin Angela Merkel noch fast ein Dutzend Wahlkampf-Auftritte in NRW absolvieren, eine Zahl, die FDP-Chef Guido Westerwelle mit seinen NRW-Terminen bis zum Wahlsonntag sogar noch übertrifft. Außenminister Joschka Fischer, der trotz Visa-Affäre für die Anhänger der Grünen noch immer ein Zugpferd ist, verdoppelte die Zahl seiner Einsätze im NRW-Wahlkampf.

Als stilbildend für künftige Wahlen könnte sich die Inszenierung der TV-Duelle von Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) und Jürgen Rüttgers (CDU) durch die Sozialdemokraten erweisen, deren zweiter Part am Dienstag nach Pfingsten ansteht. Die SPD setzt auf Personalisierung, weil viele Bürger den amtierenden Landeschef für kompetenter und sympathischer halten. Sie versucht die Aufmerksamkeit auf die direkte Konfrontation zu lenken, von der sie sich Vorteile für Steinbrück erhofft: So brachte die SPD nach dem ersten Duell nicht nur 200 000 Flugblätter unter die Leute, sondern leitet Sympathisanten auch zu eigenen TV-Partys rund um das Ereignis an.

Viele Meinungsforscher sind inzwischen überzeugt, dass Rot-Grün die Umfragen-Kluft von rund zehn Prozentpunkten gegenüber Union und FDP in 14 Tagen nicht mehr schließen kann. Trotzig halten Steinbrück und seine SPD das Argument dagegen, auch zwei Wochen vor der Wahl hätten sich noch immer viele Bürger nicht entschieden. Mobilisierung in den letzten Tagen heißt die sozialdemokratische Hoffnung, die allerdings auch durch die von SPD-Chef Franz Müntefering angeschobene Kapitalismus-Kritik wenig neue Nahrung erhält, wie die Demoskopen ermittelt haben: Zwar versichern Sozialdemokraten, die Debatte werde „noch einmal einen Schub geben“. Doch obwohl das Thema Verantwortung der Wirtschaft den Menschen unter den Nägeln brennt, kommt die Ansprache des Problems ohne ein Lösungsangebot der SPD nicht zugute.

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