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Allen Warnungen zum Trotz: Pakistan baut Gaspipeline mit dem Iran

Sie wissen um den Affront, aber den suchen sie auf ihre Art ohnehin immer wieder: Pakistans Präsident Asif Ali Zardari und sein iranischer Amtskollege Mahmud Ahmadinedschad wollen mit einer Zeremonie am Montag den Bau einer umstrittenen Gaspipeline vom Iran nach Pakistan starten.

Erst vor wenigen Tagen haben die USA vor dem Milliardenprojekt gewarnt. „Um ganz klar zu sein, wenn dieses Geschäft abgeschlossen wird, wirft das ernsthafte Bedenken wegen unserer Iran-Sanktionsgesetze auf“, mahnte Außenamtssprecherin Victoria Nuland. „Das haben wir unseren pakistanischen Partnern klargemacht.“ Doch Islamabad gibt sich unbeeindruckt. „Das Projekt ist eine historische Errungenschaft, um Pakistans Energiebedürfnisse zu befriedigen und ein Meilenstein in den pakistanisch-iranischen Beziehungen, für die Förderung des regionalen Handels, der Vernetzung und von Frieden und Sicherheit in der ganzen Region“, erklärte Präsident Zardari auf Tagesspiegel-Anfrage am Sonntag. Es sei die Entscheidung zweier souveräner Staaten. „Wir hoffen, dass dies nur im Kontext mit unseren wirtschaftlichen Bedürfnissen gesehen wird, und mit nichts anderem.“ Er fühle „persönliche Freude und Glück“.

In Pakistan ist Wahlkampfzeit – und es wird mit harten Bandagen gekämpft. Die Regierung von Zardaris PPP steht nach fünf Jahren mit Wirtschaftskrise und wachsender extremistischer Gewalt nicht gut da. Die Preise (auch für Sprit) steigen ständig, viele Firmen sind wegen der Energiekrise abgewandert, die Wirtschaft liegt am Boden. Jeder Bürger bekommt die Energiekrise täglich zu spüren. Es gibt stundenlang weder Licht noch Gas zum Kochen oder Heizung, und im beginnenden Sommer keine Kühlung. Fernseher und Computer stehen still, Gläubige in den Schreinen beten abends im Dunkeln statt unter den beliebten Lichterketten. Das haben die Leute satt. Eine tatkräftige Regierung, die vorgibt, das Problem endlich zu lösen, darf mit Beifall rechnen. Gleichzeitig kann Zardari sich als starker Mann gegen die ungeliebten USA profilieren, das zielt auf Stimmen aus dem entsprechenden Lager. Nicht nur mit Blick auf die Drohnenangriffe wird der Regierung oft vorgeworfen, sie sei ein Handlanger der USA.

Seit Jahren gibt es Pläne für die Pipeline, früher war auch Indien dabei. Vor allem die USA haben immer wieder Druck dagegen gemacht. Um den Iran außen vor zu halten, wurde öfter eine Route durch Afghanistan genannt, die will wegen der Sicherheitslage allerdings erst recht niemand bauen. Der Iran hat die Leitung nach eigenen Angaben bereits bis fast an seine Grenze verlegt. Für die 781 Kilometer in Pakistan gebe Teheran nun einen hohen Kredit, eine iranische Firma werde bauen, berichten pakistanische Medien. Vergangenes Jahr war eine Münchner Ingenieurfirma in den Fokus geraten, die in Pakistan an der Infrastruktur beteiligt sein sollte. Damals hieß es auch, Islamabad müsse laut Vertrag ab 2015 Gas abnehmen, sonst drohten Strafzahlungen. Nun soll die Pipeline bis Ende 2014 fertig sein, mancher hält das jedoch für zu ehrgeizig. Just bis dahin wollen die internationalen Kampftruppen Afghanistan verlassen. Allen voran ist Pakistan für den Abzug der Amerikaner wichtig. So glauben manche Berater, dass die USA zwar drohen werden, aber im Moment nichts gegen Pakistan unternehmen.

Bei vielen Pakistanern scheint Zardaris Idee erst einmal zu verfangen. „Wir brauchen dringend Strom. Es ist unser gutes Recht, die Pipeline mit dem Iran zu bauen. Oder gebt ihr uns vielleicht Strom?“, wettert der junge Wirtschaftsabsolvent Rizwan Anwar in Lahore wie viele andere. Die Amerikaner könnten ruhig mit Sanktionen drohen. Der Abgeordnete der Muslimliga N, Sardar Sadiq, entwirft ein düsteres Bild: „Wenn sie Sanktionen verhängen, werden unsere Leute auf Amerikaner zielen. Die Leute werden nicht zu kontrollieren sein. Wir können genug Monster schaffen“, sagte er dem Tagesspiegel.

Dass die Pipeline der Wirtschaft hilft, bezweifeln Experten. „Wir bekommen von den Iranern keinen Rabatt, die Preise werden nicht sinken“, sagt ein pakistanischer Regierungsberater. Ingrid Müller

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