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Politik: An Russland gekettet

Präsident Lukaschenko profitiert von finanzieller Gunst Moskaus – und Weißrussland wird immer abhängiger

Alexander Lukaschenko weiß, wo sein Platz ist: an der Seite seines russischen Kollegen Wladimir Putin. Auffallend häufig betont der weißrussische Präsident in diesen Tagen im Streit um das geplante US-Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa, dass er seine Rolle als Verbündeter Russlands „voll wahrnehmen“ werde. Auch die jüngste Drohung Lukaschenkos in Richtung Washington, die US-Botschafterin des Landes verweisen zu wollen, sollten die USA einen härteren Sanktionskurs einschlagen, dürfte wie Musik in Putins Ohren geklungen haben.

Noch vor einigen Monaten hatte sich das ganz anders angehört. Anfang 2007 übte sich Lukaschenko in ungewohnter Selbstkritik: Die einseitige Orientierung Weißrusslands in den vergangenen Jahren sei ein großer Fehler gewesen, die EU sei der ideale Partner, erklärte der Präsident zum Erstaunen der Politiker in Brüssel. Gesprochen waren diese Worte allerdings im Zorn, denn Lukaschenko hatte sich damals mit Putin wegen der drastisch gestiegenen Gaspreise überworfen. Und die plötzliche Liebe zur Demokratie entpuppte sich als Strohfeuer, nachdem aus dem Kreml die Nachricht kam, dass die Energie für Minsk nicht zum üblichen Weltmarktpreis berechnet würde. Bei seinem Besuch in Minsk Mitte Dezember hatte Wladimir Putin noch einmal großzügig erklärt, dass trotz des weltweiten drastischen Anstiegs für Gas der Preis für Weißrussland vom 1. Januar an nur 119 Dollar betrage. Der staatliche russische Energieriese Gasprom hatte im Jahre 2006 an Weißrussland Erdgas für 46,68 US-Dollar je 1000 Kubikmeter und im zu Ende gegangenen Jahr für 100 US-Dollar geliefert.

Doch die Willfährigkeit Lukaschenkos erkauft sich Russland nicht nur mit billigen Gaslieferungen. Moskau gewährte dem ehemaligen Bruderstaat Anfang Dezember auch einen Kredit von 1,5 Milliarden Dollar. Kurz vor Weihnachten erhöhte der russische Finanzminister Alexej Kudrin die Summe auf 3,5 Milliarden Dollar – das sind rund sieben Prozent der weißrussischen Gesamtausgaben des Staatshaushaltes für das Jahr 2008.

Mit dem Geld kann Lukaschenko die Renten und Löhne weiter pünktlich auszahlen und seine Herrschaft sichern. Doch er begibt sich in fatale Anhängigkeit zu Russland. Experten erwarten, dass er den weißrussischen Markt für russische Waren noch weiter wird öffnen müssen. Die Zusammenarbeit könnte so weit gehen, dass in dem Land irgendwann der russische Rubel eingeführt werden könnte und auf diese Weise die Finanzmärkte praktisch zusammenwachsen. Lange war sogar spekuliert worden, Putin könnte auch die politische Verschmelzung der beiden Staaten zu einer Staatenunion vorantreiben, um dann Oberhaupt des neuen Bundes zu werden. Nach der Ankündigung des Kremlherrschers, Premierminister von Russland werden zu wollen, sind diese Gerüchte jedoch verstummt.

Knut Krohn[Warschau]

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