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Politik: Analyse der Brandenburg-Wahl - die PDS fühlt sich auf der Siegerstraße und zeigt sich vor den Sondierungsgesprächen mit der SPD kompromißbereit

Hanno Harnisch verteilte Rotwein. Zum Wahlerfolg der PDS.

Hanno Harnisch verteilte Rotwein. Zum Wahlerfolg der PDS. "Der Rote aus Frankreich für die Roten in Deutschland" prangte beziehungsreich auf dem Flaschenetikett. Nicht nur für Parteichef Lothar Bisky, auch die Journalisten sollten am Erfolg der PDS teil haben, und so schenkte der PDS-Parteisprecher kräftig aus. Am Tag nach der Landtagswahl in Brandenburg wollten man sich im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin-Mitte am Erfolg wärmen.

4,6 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Landtagswahl, vier zusätzliche Abgeordnete, drei Prozentpunkte mehr als bei der Bundestagswahl und sogar fünf Direktmandate gewann die SED-Nachfolgepartei. Bisky strahlte und sieht sich auf der Siegerstraße: "Die Personen der PDS sind bei den Wählern mehrheitsfähig". Auch für die Landtagswahlen in Thüringen ("Da müssen wir noch mobilisieren") erwartet er er Erfolge, und selbst von der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen erhofft er sich einige Mandate.

So in Siegeslaune watschte Bisky mal eben die rot-grüne Regierung ab, die "in kürzester Zeit fast alle in den Regierungswechsel gesetzten Hoffnungen enttäuscht" habe. Und verteilte Lob für die Arbeit der PDS-Landtagsfraktion. Als Sieger sieht sich der Parteichef und Spitzenkandidat in Brandenburg jedoch, weil sich seine Genossen in ihrer "konsequenten Auseinandersetzung mit dem neoliberalen Kurs der Bundesregierung profiliert" hätten.

Damit scheint er richtig zu liegen. Eine Wähleranalyse der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung bilanziert, dass die PDS "als Protestpartei gegen Bund und Land gewählt" wurde und hauptsächlich Stimmen älterer SPD-Wähler für sich gewann. Besonders in den Altersgruppen über 45 Jahre legte sie zu, der Schwerpunkt liegt bei den Wählern zwischen 45 und 60 Jahre.

Nur was macht die PDS jetzt mit den Stimmen? Bisky wog den Kopf und blieb eher vage. Von Koalition oder Tolerierung kann er sich alles vorstellen: "Ich bin da offen." Bundestags-Fraktionschef Gregor Gysi hatte dagegen zuvor eine Tolerierung ausgeschlossen und eine Koalition empfohlen. Sein Tenor: Wenn die SPD einen dramatischen Verlust von mehr als 14 Prozent erziele, könne die PDS nicht als Instrument dafür dienen, dass die Sozialdemokraten so weiter regierten wie bisher.

Das will auch Bisky nicht, aber vor allem will er sich nicht festlegen. So setzt er auf die Sondierungsgespräche mit der SPD, die am Mittwoch beginnen sollen. Bei konkreten Themen hält er sich bedeckt. "Die Tagesordnung liefert ja Herr Stolpe." Dennoch signalisierte er bei einigen Bereichen, Bereitschaft für Zugeständnisse. Beim Bau der Magnetschwebebahn Transrapid und beim Zentralflughafen Berlin-Schönefeld könne man sich einigen. Diese Themen seien "nicht die Nagelprobe".

Wichtiger sei es die Weichen, mehr in Richtung soziale Gerechtigkeit zu stellen, sagte er. Nur ob die SPD dies mit der PDS machen will, da bleibt er skeptisch: "Ich denke, dass die Mehrheit der SPD sich nach einer grossen Koalition sehnt und in ihrer Minderheit links sein möchte."

Tatsächlich wird es für die Brandenburger Sozialdemokraten schwer sein, sich zur PDS hin zu bewegen. In der Umgebung Stolpe heißt es, dass eine Zusammenarbeit mit den PDS-Genossen eher unwahrscheinlich sei. Auch das kann aber nur taktisches Geplänkel sein - im Prozeß der Regierungsbildung. Schließlich gibt es die CDU und ihren Spitzenkandidaten Jörg Schönbohm, die an die Schalthebel der Macht wollen. Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Glogowski (SPD) lehnt jedenfalls eine Zusammenarbeit mit der PDS ab. Aber das sei bei 0,6 Prozent Wähleranteil in Niedersachen auch leicht, sagte er.

Immerhin besuchten am Montag Mitarbeiter der brandenburgischen Staatskanzlei die PDS in Potsdam. Höflich erkundigten sie sich dort nach den neun Punkten der PDS, die "Erste Schritte für eine neue Politik in Brandenburg" beschreiben. Die PDS-Genossen erfüllten den Wunsch gern. Der Anfang einer Koalition? Wohl wird noch einige Wochen zu rätseln sein.

Andreas Hoffmann

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