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Politik: Angriff aufs Weiße Haus geplant?

Der Terrorverdächtige Moussaoui gesteht Al-Qaida-Verbindungen – aber es gibt Zweifel an seiner Aussage

Von Frank Jansen

Washington/Berlin – Er mag es, die Justiz der verhassten Ungläubigen zu foppen. Möglicherweise hat er es auch diesmal getan: Der in den USA inhaftierte Terrorverdächtige Zacarias Moussaoui hat am Freitag dem Gericht in Alexandra im Bundesstaat Virginia ein sensationell klingendes Geständnis präsentiert. Der aus Marokko stammende, 36 Jahre alte Franzose behauptete, er habe von Osama bin Laden den Auftrag bekommen, eine Maschine vom Typ Boeing-747 zu entführen. Als Selbstmordpilot habe er sich mit dem Jumbojet in den Amtssitz des amerikanischen Präsidenten, das Weiße Haus in Washington, stürzen sollen. Moussaoui sprach damit von einem Verbrechen nach dem Muster des Terrorangriffs vom 11. September 2001. Gleichzeitig bestritt er aber mit seiner Version den Vorwurf der US-Ermittler, er sei für die Selbstmordflüge des 11. September eingeplant gewesen – als 20. Mann. Doch so oder so droht ihm die Todesstrafe.

An den Attentaten des 11. September hatten 19 Al-Qaida-Terroristen mitgewirkt. Den US-Behörden war es im August 2001 gelungen, Moussaoui festzunehmen. Er hatte in einer Flugschule im Staat Minnesota an einem Simulatorentraining für die Boeing 747 teilgenommen und war aufgefallen. Die Anklage gegen Moussaoui lautet: Verabredung zu terroristischen Aktivitäten, Luftpiraterie und zum Mord an Staatsbediensteten der USA. Moussaoui hat nun die Delikte zugegeben, aber sie mit einem anderen Inhalt versehen als die Anklage. Der Franzose sagt, er habe unabhängig vom 11. September einen Jumbo ins Weiße Haus steuern sollen, wenn die Freipressung des blinden Scheichs Omar Abdul Rahman misslungen wäre. Der Ägypter verbüßt in den USA wegen der Vorbereitung von Anschlägen eine lebenslange Haft.

Der 11. September „war nicht meine Verschwörung“, sagte Moussaoui jetzt dem Gericht. Auch Sicherheitsexperten halten es für möglich, dass nicht Moussaoui, sondern ein saudischer Islamist als 20. Mann am 11. September hätte mitfliegen sollen. Andererseits hat Generalbundesanwalt Kay Nehm in der Anklage gegen den Hamburger Terrorverdächtigen Mounir al Motassadeq geschrieben, Moussaoui sei als weiterer Entführer vorgesehen gewesen. Deshalb habe ihm im August 2001 der Cheflogistiker der Anschläge des 11. September, Ramsi Binalshibh, über 23 500 Mark in die USA überwiesen. Binalshibh gilt als einer der Köpfe der Hamburger Gruppe um den Selbstmordpiloten Mohammed Atta. Die Amerikaner halten Binalshibh an einem geheimen Ort gefangen.

Das Geständnis Moussaouis könnte sich auf die Hamburger Verfahren gegen Motassadeq und den weiteren Terrorverdächtigen Abdelghani Mzoudi auswirken. Die Verteidiger der beiden fordern, dass Binalshibh und der Chefplaner des 11. September, der ebenfalls von den Amerikanern gefangen gehaltene Khalid Scheich Mohammed, als Zeugen gehört werden. Das lehnen die USA ab. Auch Moussaoui hatte verlangt, in seinem Verfahren müssten Binalshibh und Mohammed vernommen werden. Die Forderung setzte die US-Regierung unter Druck. Hätte sie im Fall Moussaoui nachgegeben, hätte sie der Forderung des Hamburger Oberlandesgerichts, ebenfalls Binalshibh und Mohammed zu hören, kaum noch widersprechen können. Da sich Moussaoui jetzt aber schuldig bekannt hat, ist die US-Regierung von dem Druck befreit, Binalshibh und Mohammed als Zeugen zur Verfügung zu stellen. Davon können Motassadeq und Mzoudi profitieren. Solange Binalshibh und Mohammed in Deutschland nicht als Zeugen gehört werden, fehlen in den Hamburger Verfahren wichtige Beweismittel.

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