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Parteigänger des Diktators: Sunnitische Salafisten haben sich in den vergangenen Tagen heftige Gefechte mit libanesischen Gegnern Assads geliefert. Foto: AFP

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Politik: „Angst und Terror“

Kämpfe zwischen Assad-Gegnern und -Anhängern in Tripoli / Nimmt Damaskus an Friedenskonferenz teil?

Bei den bislang schwersten Kämpfen im Libanon seit Ende des Bürgerkriegs 1990 sind in der Hafenstadt Tripoli mindestens 24 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt worden. Gegner und Anhänger von Syriens Machthaber Baschar al Assad setzten Maschinengewehre und schwere Waffen ein. Innerhalb von 24 Stunden zählten die libanesischen Sicherheitskräfte mehr als 1200 Einschläge von Mörsergranaten oder Panzerfäusten zwischen dem Alawitenviertel Jabel Mahseen und dem angrenzenden Sunnitenviertel Bab al Tebbaneh. Jabel Mahseen ist eine Pro-Assad-Enklave mit etwa 20 000 Einwohnern auf einem Hügel mitten im Stadtgebiet, umgeben von sunnitischen Bezirken, deren Einwohner überwiegend auf der Seite der syrischen Rebellen stehen.

Erstmals brachen in der Nacht zu Freitag auch in anderen Stadtteilen von Tripoli Kämpfe aus. In Abu Samra lieferten sich Bewaffnete einen zweistündigen, heftigen Schusswechsel mit der libanesischen Armee. Seit Mittwoch sind praktisch alle Schulen und zahlreiche Geschäfte geschlossen. Über die Lautsprecher der Moscheen riefen Geistliche die Menschen auf, in ihren Kellern Schutz vor den Granaten zu suchen. „Es war eine fürchterliche Nacht, die Angst und Terror eingeflößt hat in die Herzen aller Einwohner von Tripoli“, zitiert die Nachrichtenagentur AP eine lokale Aktivistin.

Seit sich die Hisbollah in der vergangenen Woche offen zur Kriegspartei in Syrien an der Seite des Regimes erklärt hat, eskalieren die Spannungen im Libanon. Mehr als 500 000 Flüchtlinge haben inzwischen in dem kleinen Mittelmeerstaat Zuflucht gesucht.

In der grenznahen Stadt Kusair gingen die schweren Kämpfe auch am Freitag weiter, ohne dass eine der beiden Seiten die Oberhand erringen konnte. Die syrischen Rebellen riefen ihre Kämpfer aus dem ganzen Land auf, Kusair gegen Assads Armee und die Schiitenmiliz Hisbollah zu verteidigen. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London sind bisher mindestens 104 Kämpfer der „Partei Gottes“ im syrischen Bürgerkrieg gefallen. Aus Hisbollah-Kreisen wurde die Zahl der Getöteten mit 75 angegeben. Nach diesen Angaben hat die schiitische Kampforganisation momentan zwischen 1200 und 1500 Bewaffnete auf syrischem Territorium. Insgesamt soll sich die Zahl der militärisch geschulten Kader auf 5000 bis 6000 Mann belaufen. Der Iran hingegen bestritt erneut, eigene Kampfeinheiten nach Syrien verlegt zu haben. Flüchtlinge dagegen berichten regelmäßig, iranische Uniformierte seien in letzter Zeit vermehrt an Straßensperren zu sehen gewesen.

Unterdessen beriet die „Nationale Koalition“, der tief zerstrittene Dachverband der syrischen Opposition, in Istanbul über die von den Vereinigten Staaten und Russland geplante internationale Syrien-Konferenz, die nun wohl in der zweiten Juniwoche stattfinden soll.

Im Vorfeld des dreitägigen Kongresses hatte der kürzlich zurückgetretene Chef der „Nationalen Koalition“, der aus Damaskus stammende sunnitische Geistliche Moaz al Khatib, auf seiner Facebook-Seite Präsident Baschar al Assad und seiner gesamten Familie sowie 500 seiner engsten Getreuen freien Abzug und freies Geleit zugesagt. Die Vorschläge stießen jedoch bei seinen Oppositionskollegen auf nahezu einhelligen Widerstand. Auch Assad lehnt einen Rücktritt und den Gang ins Exil nach wie vor kategorisch ab.

Dennoch ließ das Regime in Damaskus am Freitag durch seinen Moskauer Verbündeten erstmals erklären, man sei „im Prinzip“ bereit, an der internationalen Syrienkonferenz teilzunehmen. Die AssadGegner dagegen, die in Istanbul auch eine neue Führung wählen müssen, wollen nur anreisen, wenn ihnen schriftlich zugesagt wird, dass neben Waffenstillstand und Übergangsregierung das dritte Ziel der Verhandlungen die Abdankung von Diktator Assad ist.

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