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Ein russischer Soldat steht auf dem Gelände des Kernkraftwerks Saporischschja in einem Gebiet unter russischer Militärkontrolle im Südosten der Ukraine Wache.

© dpa/Uncredited

Update

Angst vor einer Atomkatastrophe: Team der Internationalen Atomenergie-Organisation auf dem Weg zum AKW Saporischschja

Immer wieder war das AKW beschossen worden, Russland und die Ukraine gaben sich gegenseitig die Schuld. Im Laufe der Woche treffen nun IAEA-Experten dort ein.

Nach dem wiederholten Beschuss des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja hat sich ein Expertenteam der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) auf den Weg dorthin gemacht. Die Mission unter seiner Führung treffe „später diese Woche“ am größten Atomkraftwerk Europas ein, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi am Montag im Onlinedienst Twitter mit.

„Der Tag ist gekommen, die Unterstützungs- und Hilfsmission der IAEA ist jetzt auf ihrem Weg nach Saporischschja“, schrieb er weiter.

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Die Mission der IAEA soll Moskau zufolge mehr als ein Dutzend Experten umfassen. Diese sollen dort länger stationiert werden. „So wie wir es verstehen, ist es die Absicht des Generaldirektors (der IAEA), ein paar Leute auf ständiger Basis im Kraftwerk zu belassen“, sagte Russlands Vertreter bei den internationalen Organisationen in Wien, Michail Uljanow, am Montag der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zufolge.

Laut Uljanow werden die etwa 15 Atomexperten von einem großen Logistik- und Sicherheitsteam der UN begleitet. Russland habe viel für das Zustandekommen der Mission getan, sagte er. „Wir setzen darauf, dass der Besuch des Kraftwerks durch die IAEA-Mission dabei hilft, die unzähligen Spekulationen um die schlechte Lage im Atomkraftwerk Saporischschja zu zerstreuen.

Wegen des wiederholten Beschusses des AKW, für den sich die Ukraine und Russland gegenseitig verantwortlich machen, wächst die Angst vor einer Atomkatastrophe wie 1986 in Tschernobyl.

IAEA-Experten sollen Schäden und Sicherheitssysteme des im russischen Angriffskrieg mehrfach beschossenen AKW untersuchen.

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Direkt am Atomkraftwerk liegt die Stadt Enerhodar, die vor dem russischen Überfall auf das Nachbarland mehr als 50.000 Einwohner hatte. Dort gab es am Abend neue Angriffe. Videos beider Seiten zeigten, dass in Wohnvierteln zahlreiche Autos brannten. Wenige Stunden zuvor hatten russische Truppen angeblich eine bewaffnete ukrainische Drohne direkt über einem der sechs Reaktoren abgeschossen.

Nach ukrainischen Angaben war das AKW am Donnerstag erstmals in seiner Geschichte vollständig vom Stromnetz getrennt worden. Am Freitag wurde die Verbindung wiederhergestellt. Als Ursache für die Trennung vom Netz hatte die staatliche ukrainische Betreibergesellschaft Energoatom mit Blick auf die russische Armee „Handlungen der Invasoren“ genannt.

Experten besonders besorgt über Stromversorgung des AKW

Besonders besorgt sind Experten in und außerhalb der IAEA über die Stromversorgung des AKW, mit dem die Kühlung des Nuklearmaterials betrieben wird. Von vier Stromleitungen war zuletzt nur noch eine intakt. Bislang ist in Saporischschja keine Radioaktivität ausgetreten. Laut IAEA sind in den vergangenen Monaten jedoch alle Prinzipien der Anlagen-Sicherheit verletzt worden.

IAEA-Experten wollen nun selbst die Sicherheitssysteme und die Schäden am AKW untersuchen, weil die Angaben aus Kiew und Moskau dazu oft widersprüchlich waren. Außerdem möchte sich die IAEA ein Bild von den Arbeitsbedingungen der ukrainischen AKW-Mitarbeiter machen, die seit Monaten unter der Kontrolle russischer Besatzer ihren Aufgaben nachgehen. Obendrein wollen IAEA-Inspekteure sicherstellen, dass alles Nuklearmaterial noch an Ort und Stelle ist.

Die Lage am AKW hatte sich zuletzt stark zugespitzt. Am Sonntagabend schlugen angeblich mehrere Artilleriegeschosse in der Stadt Enerhodar ein, in der die Kraftwerksbediensteten wohnen. Wie in den Tagen zuvor machten die russische und die ukrainische Seite sich gegenseitig für den Beschuss verantwortlich.

Geflüchteter Bürgermeister spricht von „russischer Provokation“

Das Anfang der 1970er Jahre eigens für das Kraftwerk gegründete Enerhodar hatte vor dem russischen Angriffskrieg rund 50.000 Einwohner. Wenige Stunden zuvor hatten außerdem russische Truppen angeblich eine bewaffnete ukrainische Drohne direkt über einem der sechs Reaktoren abgeschossen.

Russland monierte, die Ukraine wolle mit solchen Schritten einen Besuch von IAEA-Experten in dem AKW verhindern. Der geflüchtete ukrainische Bürgermeister von Enerhodar, Dmytro Orlow, sprach von einer Provokation: Russische Truppen hätten geschossen. Er warf Moskau „nukleare Erpressung“ vor, weil sich russische Truppen in dem AKW verschanzten.

Das Akw befindet sich nicht weit von der im Jahr 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim entfernt. Energoatom vermutet deshalb, dass Russland Saporischschja an das Stromnetz der Krim anschließen will. (AFP, dpa)

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