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Politik: Angst vor einer zweiten Front

Nordkorea hofft, dass die USA keinen weiteren Konflikt riskieren

Während die US-Regierung versucht, den Konflikt mit Nordkorea wegen dessen Atomprogramms niedrig zu hängen, gießen Pjöngjangs Staatsmedien kräftig Öl ins Feuer. Am Montag meldete Radio Pjöngjang, dass Nordkoreas eine Million Mann starke Armee bereitstehe, „um den imperialistischen Kriegsfalken der USA zu begegnen".

Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA legte am Dienstag nach und warf US-Präsident George W. Bush vor, eine „Politik des Bösen“ zu verfolgen. Washington wolle „die Demokratische Volksrepublik Korea schlucken und ganz Korea unter seine Herrschaft bringen", wetterte die Agentur. Mit den harschen Worten will Pjöngjang die Auseinandersetzung mit Washington offenbar weiter verschärfen.

Seit Nordkorea im Oktober das Atomprogramm eingestand, habe das Regime außenpolitisch die Flucht nach vorn angetreten, vermuten Beobachter. Erst erklärte es das Atomabkommen von 1994 mit den USA für ungültig, dann verwies es die Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde des Landes, montierte die Kontrollkameras in dem Plutoniumreaktor Yongbyong ab und trat im Januar schließlich aus dem Atomwaffensperrvertrag aus. Jeder dieser Schritte wurde in den Staatsmedien von wütenden Attacken gegen die USA begleitet.

Pjöngjang setzt darauf, dass Washington keine zweite Front neben dem Irak brauchen kann und deshalb früher oder später auf Nordkoreas Forderungen eingehen wird. Das Regime verlangt von den USA eine Nichtangriffsgarantie sowie Öllieferungen zum Ausgleich für den Verzicht auf Kernreaktoren.

Washington ignorierte Pjöngjangs Forderungen bisher, ebenso wie die verbalen Attacken. Man werde sich auf keinen Fall erpressen lassen, erklärte US-Präsident George W. Bush. Allerdings scheut sich die US-Regierung auch davor, ihrerseits den Druck auf Nordkorea zu erhöhen. Die im Januar erwogenen Sanktionen gegen Nordkorea wurde zunächst zurückgestellt. In der kommenden Woche soll die Atomaufsichtsbehörde in Wien auf einer Krisensitzung darüber entscheiden, ob Nordkoreas Atomprogramm dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden soll. Washington spielt auf Zeit und versucht die Wogen zu glätten. Man sei zuversichtlich, das Problem auf „friedlichem Weg“ zu lösen, erklärte Außenminister Colin Powell.

Lange wird Pjöngjang nach Ansicht von Beobachtern jedoch nicht warten. „Nordkorea will die Sache regeln, bevor der Irak-Konflikt gelöst ist", sagt Pyon Jin Il, Chefredakteur des in Japan veröffentlichten „Korea Report". Er geht er davon aus, dass Pjöngjang die Krise deshalb weiter eskalieren wird. Möglichkeiten dazu hat das Regime genug: Ein Schritt wäre, den seit 1994 stillgelegten Yongbyong-Reaktor wieder in Betrieb zu nehmen. Danach könnte das Plutonium aus dem Reaktor an geheime Orte abtransportiert werden.

Harald Maass[Peking]

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