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Politik: Anklagen wegen Absturz der Präsidentenmaschine Polen sieht die Schuld bei der eigenen Pilotenausbildung und den russischen Fluglotsen

Am Freitag soll in Warschau der Regierungsbericht über die Unfallursachen von Smolensk veröffentlicht werden, doch die Gerüchteküche brodelt schon jetzt. Im Zentrum steht Verteidigungsminister Bogdan Klich, der trotz des Absturzes von Lech Kaczynskis Präsidentenmaschine einen Rücktritt immer ausschloss.

Am Freitag soll in Warschau der Regierungsbericht über die Unfallursachen von Smolensk veröffentlicht werden, doch die Gerüchteküche brodelt schon jetzt. Im Zentrum steht Verteidigungsminister Bogdan Klich, der trotz des Absturzes von Lech Kaczynskis Präsidentenmaschine einen Rücktritt immer ausschloss. Der graue und stille Kunsthistoriker hatte sich seit dem Regierungswechsel 2007 fleißig in die Verteidigungspolitik eingearbeitet, doch Teile des Heeres entglitten ihm. Vor allem das 36. Lufttransportkorps, das Polens Präsidenten und andere Politiker durch die Welt fliegt, machte bereits seit Mitte der 90er Jahre, was es wollte. Die Piloten hatten zu wenig Flugstunden, wegen Geldmangels fiel auch das Training im Flugsimulator aus.

Doch nun hat die Armeestaatsanwaltschaft angekündigt, gegen einige Militärangehörige würden bald „Anklagepunkte“ erhoben. Laut Insidern betreffen diese ausgerechnet die Pilotenausbildung sowie die Reisevorbereitungen für Kaczynski. Den Zivilisten Klich betrifft dies nicht, die politische Verantwortung trägt der Minister dennoch. Laut dem Obersten Armeestaatsanwalt Krzysztof Parulski hat die Auswertung der drei „Black Boxes“ zudem keine technischen Unregelmäßigkeiten während des Unglücksfluges am 10. April 2010 aufgezeichnet. Bis auf eine – zwei Sekunden vor dem Aufprall der TU-154 sowjetischer Bauart in einem Waldstück beim Flughafen der russischen Stadt Smolensk fiel die gesamte Elektronik aus. „Damit waren Mannschaft und Passagiere verloren“, sagte Parulski.

Während die Militärstaatsanwaltschaft noch ruhig weiter untersucht und zu den bereits 900 Zeugenbefragungen neue hinzufügt, will die Regierung von Donald Tusk am Freitag ihren eigenen 300-seitigen Unfallreport publizieren. 34 Experten haben daran über 15 Monate gearbeitet. Laut dem Chef der Regierungskommission, Innenminister Jerzy Miller, wird der Report die Hauptschuld den polnischen Piloten geben, aber auch die russischen Fluglotsen zur Verantwortung ziehen. Dies hatte der vor über einem halben Jahr publizierte russische Untersuchungsbericht aus polnischer Sicht unterlassen, was die Beziehungen zwischen Warschau und Moskau belastet.

„Weder die polnische noch die russische Seite waren auf den Flug vorbereitet“, sagte Miller am Mittwoch. Einzelheiten wollte er allerdings nicht bekannt geben. Miller warnte jedoch die Öffentlichkeit, dass der Regierungsreport „sehr schmerzhaft“ für Polen sein werde. Die Publikation des Berichts auf der Homepage des Innenministeriums fällt mit dem Beginn des Wahlkampfes in Polen zusammen. Anfang Oktober wird ein neues Parlament bestellt.

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