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Politik: Arbeit ist Pflicht, kein Recht

Wie die Regierung Arbeits- und Sozialhilfe zusammenlegen will / Nur 13 000 Euro Vermögen sind erlaubt

Von

Von Cordula Eubel

und Antje Sirleschtov

Das Bundeskabinett will am 13. August über das Gesetz zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe beraten. Im Herbst wollen sich Bundestag und -rat damit befassen. Folgende Regelungen sieht der Gesetzentwurf vor, den die Bundesministerien derzeit beraten:

Personenkreis: Das neue steuerfinanzierte Arbeitslosengeld II (ALG II) sollen alle Langzeitarbeitslosen erhalten, die als erwerbsfähig eingestuft werden. Wer mindestens drei Stunden täglich arbeiten kann, ist laut Gesetzentwurf erwerbsfähig. Den neuen Transfer erhalten also auch Menschen, die bisher in der Sozialhilfe sind, die aber als arbeitsfähig eingestuft werden. Insgesamt sind rund 2,1 Millionen Haushalte mit etwa 4,3 Millionen Personen betroffen.

Leistungshöhe: Das neue Arbeitslosengeld II (ALG II) wird sich auf Höhe der Sozialhilfe bewegen. Die monatliche Regelleistung zur Sicherung soll in den alten Bundesländern und in Berlin (Ost und West) 297 Euro betragen, in den fünf neuen Bundesländern 285 Euro. Zusätzlich werden Wohnungs- und Heizkosten erstattet. Dazu kommen Pauschalen für „einmalige Bedarfe“ wie Bekleidung oder Hausrat. Wer nach längerer Arbeitslosigkeit aus dem bisherigen Arbeitslosengeld I in das Arbeitslosengeld II rutscht, soll für maximal zwei Jahre einen Zuschlag erhalten. Damit soll der Übergang abgefedert werden. Der Zuschlag soll im ersten Jahr bei zwei Dritteln der Differenz zwischen Arbeitslosengeld und ALG II liegen, im zweiten Jahr bei einem Drittel (maximal 160 Euro pro Monat im ersten Jahr, bei Partnern 320 Euro, für Kinder zusätzlich 60 Euro).

Vermögen: Wer zu viel Vermögen hat, erhält keine Leistung vom Arbeitsamt. Pro Lebensjahr bleiben 200 Euro verschont, mindestens 4100 Euro, maximal 13 000 Euro. Wer fürs Alter zurückgelegt hat, soll einen Teil seines Vermögens behalten dürfen – „in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht an dieser Stelle Nachbesserungsbedarf. Verschont blieben demnach nur Riester-Renten, nicht etwa die Lebensversicherung, die als Rente ausgezahlt wird. Dafür dürfen Arbeitslose künftig mehr hinzuverdienen, ohne dass ihnen die Leistung gekürzt wird. Ein Alleinstehender soll laut Gesetzentwurf bis zu 55 Prozent des Regelsatzes in einem Nebenjob verdienen dürfen (West: 163 Euro, Ost: 157 Euro). Wer Kinder hat, soll mehr zuverdienen können.

Zumutbarkeit: Langzeitarbeitslose sollen künftig grundsätzlich jede Arbeit annehmen müssen. Im Gesetzentwurf ist allerdings kein Mindestentgelt festgelegt: Arbeitslose müssten demnach auch Jobs annehmen, die geringer bezahlt werden als das Arbeitslosengeld II. Wer sich verweigert, soll für eine Dauer von drei Monaten die Leistung um 30 Prozent gekürzt bekommen.

Kinderzuschlag: Ziel der Bundesregierung ist es, einen möglichst großen Teil der rund eine Million Kinder, die zurzeit Sozialhilfe beziehen, in Zukunft aus diesem Armutsbereich herauszuholen. Aus rein fiskalischen Gründen geht das allerdings nicht in einem Schritt. Deshalb haben sich Bundeswirtschafts- und Familienministerium darauf verständigt, ab 2004 erst einmal für rund 150 000 Kinder einen Kinderzuschlag von bis zu 140 Euro einzuführen, um diese Kinder mit einem Einkommen, das dem Arbeitslosengeld II entspricht, zu versorgen. Unklar ist noch, ob diese Zahl der Kinder erweitert werden kann und wer die Leistung bezahlt. Denn bislang ist eine Bezahlung über das Bundeskindergeldgesetz vorgesehen. Und daran sind die Kommunen mit 15 Prozent beteiligt.

Kinderbetreuung: Wer arbeitsfähig ist und nur deshalb keine Stelle annehmen kann, weil er für seine Kinder (älter als drei Jahre) keine Tagesbetreuung findet, um den muss sich die Bundesanstalt für Arbeit in Zukunft verstärkt kümmern. Die BA solle erreichen, dass solche Kinder „vorrangig“ mit Betreuungsplätzen versorgt werden. Noch nicht geklärt ist, wer für die Zusatzkosten aufkommen soll, die gerade in Westdeutschland entstehen, wo zum Teil hunderte Kitaplätze benötigt werden. Im Gespräch sind derzeit Investitionen der Kommunen, die finanziell aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe entlastet werden.

Arbeitspflicht: Der Gesetzentwurf sieht eine Arbeitsverpflichtung für alle arbeitsfähigen Hilfebedürftigen vor. Wer unter 25 Jahre alt ist, heißt es, dem habe die BA eine Arbeitsstelle, einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeitsgelegenheit (etwa Soziale Dienste) anzubieten. Völlig unklar ist allerdings den Experten noch, inwieweit dieser Passus auch für die Betroffenen einklagbar ist.

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