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Politik: Arbeiter in Südkorea werfen Regierung Versagen vor

Nach landesweiten Streiks von Eisenbahnern und Beschäftigten der staatlichen Energiewerke haben sich die Arbeiterproteste in Südkorea am Dienstag ausgeweitet. Mindestens 50 000 Arbeiter, die meisten aus der Autoindustrie, legten aus Solidarität die Arbeit zu einem eintägigen Warnstreik nieder.

Nach landesweiten Streiks von Eisenbahnern und Beschäftigten der staatlichen Energiewerke haben sich die Arbeiterproteste in Südkorea am Dienstag ausgeweitet. Mindestens 50 000 Arbeiter, die meisten aus der Autoindustrie, legten aus Solidarität die Arbeit zu einem eintägigen Warnstreik nieder. Sie protestierten gegen Privatisierungspläne der Regierung in Seoul.

Die Streiks hatten am Montag bei der staatlichen Eisenbahn und den Energiewerken begonnen. Rund 14 000 Arbeiter legten dort am Dienstag den zweiten Tag in Folge die Arbeit nieder. Die Gewerkschaften richteten einen Notdienst ein, sodass der Eisenbahnverkehr und die Energieversorgung nicht unterbrochen wurde. Bei den Autoherstellern Hyundai und Kia Motors legten Warnstreiks jedoch zeitweise die Produktion lahm. Bisher waren die Proteste friedlich. Die Regierung warnte jedoch davor, die Streiks illegal auszuweiten. Sondereinheiten der Polizei riegelten am Dienstag zwei Universitäten ab, in denen sich Arbeiter verschanzt hatten. Laut Regierungsangaben waren am Dienstag 50 000 Arbeiter in 93 Betrieben im Streik, die Gewerkschaften sprachen dagegen von 120 000 Menschen.

Die Massenproteste richten sich gegen die Privatisierungspläne der Regierung von Präsident Kim Dae Jung. Koreas Eisenbahn fährt jährlich rund 700 Milliarden Won (600 Millionen Euro) Verluste ein. Der Staatsbetrieb soll deshalb privatisiert werden und nur das Schienennetz in öffentlichem Besitz blieben. Auch in der Energiewirtschaft baut Seoul auf Privatisierung. Dieses Jahr soll das erste staatliche Kraftwerk an private Betreiber verkauft werden. Vier weitere Kraftwerke und die staatlichen Gaswerke sollen in den kommenden Jahren privatisiert werden.

Die Gewerkschaften befürchten, dass mit der Privatisierungswelle Tausende Arbeitsplätze verloren gehen und die Rechte der Arbeiter verkürzt werden. Sie verlangen einen Stopp der Verkaufspläne und kürzere Arbeitszeiten.

Koreas größte Arbeitnehmervertretung, der Bund der Koreanischen Handelsgewerkschaften mit 13 Millionen Mitgliedern, machte "das Versagen und das mangelnde Krisenmanagement" der Regierung für die Auseinandersetzung verantwortlich.

Koreaner haben häufig eine Sechs-Tage-Woche und arbeiten weltweit mit am meisten. Die Streiks kommen zu einem Zeitpunkt, an dem sich Südkoreas Wirtschaft wieder zu erholen beginnt. Im vergangenen Jahr meldete die Industrie zum ersten Mal seit der Asienkrise 1997 wieder kräftige Zuwächse. Südkoreas Aktienmarkt verzeichnete 2001 die größten Gewinne in der Region. Bei der Reform des Finanzsektors, der Firmen und des Arbeitsmarktes habe die Regierung gute Arbeit geleistet, sagt Kim Soon Woo vom Samsung Wirtschaftsforschungsinstitut. "Aber im öffentlichen Sektor haben die Reformen kaum Früchte getragen". Im Juni finden in Südkorea Lokalwahlen statt. Im Dezember muss sich Präsident Kim Dae Jung den Wählern stellen.

Harald Maass

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