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© ddp

Arbeitsmarktpolitik: Koch fordert Arbeitspflicht bei Hartz IV

UPDATE In der Debatte um eine Reform der Hartz-IV-Bedingungen setzt Hessens Ministerpräsident Koch auf Härte: Arbeitslosenhilfe müsse auch ein Element der Abschreckung enthalten, weshalb Erwerbslose auch zu "niederwertiger Arbeit" herangezogen werden sollen. Sein Vorstoß erntet scharfe Kritik.

Wiesbaden/Berlin - Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat eine strenge Arbeitspflicht für Hartz- IV-Empfänger gefordert und damit Empörung ausgelöst. „Wir müssen jedem Hartz-IV-Empfänger abverlangen, dass er als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung einer Beschäftigung nachgeht, auch niederwertige Arbeit, im Zweifel in einer öffentlichen Beschäftigung“, sagte er der „Wirtschaftswoche“. Koch sprach sich zugleich für höhere Hinzuverdienst-Grenzen aus, um den Anreiz zur Annahme von Arbeit zu verstärken. Für seinen Vorstoß erntete der CDU-Vize scharfe Kritik aus dem SPD-, Linke- und Gewerkschaftslager.

Da es in Deutschland notfalls auch ein Leben lang Leistungen gebe, müssten Instrumente eingesetzt werden, „damit niemand das Leben von Hartz IV als angenehme Variante ansieht“, sagte Koch. Es könne kein funktionierendes Arbeitslosenhilfe-System geben, das nicht auch ein Element von Abschreckung enthalte.

Bereits nach geltendem Recht sind Bezieher von Arbeitslosengeld II zur Annahme jeder zumutbaren Arbeit verpflichtet. Wenn sie dies ablehnen oder die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter verweigern, wird ihnen das Arbeitslosengeld II um 30 Prozent oder mehr gekürzt. Nach den jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit verhängten die Jobcenter allein von Januar bis August 2009 in 68 500 Fällen Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher, weil sie die Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung ablehnten.

Der Vorsitzende der Unions-Arbeitnehmergruppe im Bundestag, Peter Weiß, sagte der „Welt am Sonntag“: „Was Koch fordert, ist keine Sensation, sondern schon längst Gesetz.“ Die Regelung müsse aber auch konsequent angewendet werden. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte am Samstag auf einer Klausurtagung der Hessen-SPD: „Es wäre nicht schlecht, wenn die Bundesregierung ihre Arbeitspflicht mal aufnehmen würde und dieses Land regieren, statt zuzugucken, wie die Arbeitslosigkeit wächst.“ DGB- Chef Michael Sommer sagte, es sei „schon fast unanständig, mit diesem Vorstoß zu suggerieren, dass die Arbeitslosen arbeitsscheu wären.“ Die übergroße Mehrheit der Erwerbslosen suche händeringend nach anständiger und zumutbarer Arbeit. „Offensichtlich ist Herr Koch in der Klausurtagung der CDU auserkoren worden, in der Abteilung Vorurteile der Stammtische im Trüben zu fischen.“

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, forderte Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel auf, Koch in die Schranken zu weisen. „Was Koch da absondert, ist mittelalterlich. Wer in die Arbeitslosenabsicherung ein Abschreckungselement einbauen will, riskiert mit voller Absicht, dass Menschen auf der Strecke bleiben.“ Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz- Josef Möllenberg, sagte, Koch solle „lieber den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, die Arbeitsplätze vernichten und immer weniger Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt geben“.dpa/rtr

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