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Politik: Argumentationshilfe vom Richter

Spekulationen über V-Leute belasten den Prozess gegen Skinheads in Dresden. Sie könnten der NPD im Verbotsverfahren nutzen

Von Frank Jansen

Die Situation ist vertrackt: Das Landgericht Dresden hat möglicherweise der NPD Argumente gegen das drohende Parteiverbot geliefert. Als am Montag der Prozess gegen ehemals führende Mitglieder der verbotenen Neonazi-Organisation „Skinheads Sächsische Schweiz (SSS)“ begann, tischte ein NPD-naher Verteidiger das problematische V-Mann-Thema auf – und konnte sich auf das Landgericht berufen. Der Berliner Anwalt Carsten Schrank beantragte die Einstellung des Verfahrens, weil der sächsische Verfassungsschutz eine Anfrage der Staatsschutzkammer zu möglichen V-Leuten unter den Angeklagten und Zeugen in der Sache nicht beantwortet. Dass die sächsischen Behörden in ein Dilemma geraten sind, ließ sich am Dienstag einem Interview von Landesinnenminister Horst Rasch (CDU) im Deutschlandfunk entnehmen.

Auf die Frage „Können Sie eine zu große Einflussnahme Ihrer Informanten auf die Gruppe Skinheads Sächsische Schweiz ausschließen?“ sagte Rasch: „Davon gehe ich im Grundsatz aus.“ Was das im Detail bedeutet, sagte er nicht. Dann bedauerte Rasch, dass die „Verunsicherungen“ im NPD-Verbotsverfahren der rechten Szene Auftrieb gäben. Indirekt beschwor der Minister das Gericht, den Neonazis Grenzen aufzuzeigen: „Ich bin schon der festen Überzeugung, dass wir dringend den Erfolg einer Verurteilung der hier handelnden Täter brauchen.“

Warum sich der Vorsitzende Richter der Staatsschutzkammer, Tom Maciejewski, Ende Mai an den sächsischen Verfassungsschutz wandte, bleibt unklar. Die Sprecherin des Gerichts verwies auf das „Beratungsgeheimnis“ der Kammer. Prozessbeobachter vermuten, Maciejewski habe auf die Pannen im NPD-Verbotsverfahren reagiert. Der Richter schrieb jedenfalls dem Verfassungsschutz, zur „Sachaufklärung des Verfahrens“ gegen die Neonazis der SSS sei es „unerlässlich, offen zu legen, ob und wenn ja, in welcher Art und Weise und in welchem Zeitraum“ die anschließend genannten Angeklagten und Zeugen für die Behörde tätig geworden sind. Doch diese hält sich bedeckt.

Anwalt Schrank hat allerdings auch noch keine Indizien für eine Spitzeltätigkeit eines Angeklagten oder Zeugen präsentiert. Doch der SSS-Prozess scheint in die NPD-Strategie zu passen, Spekulationen über V-Leute zu nutzen – zumal die Kooperation von NPD und SSS in den Anträgen zum Parteiverbot erwähnt wird. Dass Schrank der NPD helfen will, hat er bereits mit seiner Unterschrift demonstriert: Als einer der „Erstunterzeichner“ beteiligte sich der Anwalt an der von Horst Mahler initiierten Anti-Verbots-Kampagne „Ja zu Deutschland, ja zur NPD“.

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