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Politik: Armee versteckt sich immer öfter in Dörfern

GENF/BRÜSSEL/BELGRAD (AP/rtr).Die serbischen Einheiten im Kosovo rücken nach Angaben von Flüchtlingen mit jedem Nato-Angriff näher an die Zivilbevölkerung heran.

GENF/BRÜSSEL/BELGRAD (AP/rtr).Die serbischen Einheiten im Kosovo rücken nach Angaben von Flüchtlingen mit jedem Nato-Angriff näher an die Zivilbevölkerung heran.Die Armee halte sich nun vor allem in den Dörfern auf und habe ihre Waffen und Panzer in Bauernhöfen versteckt, berichteten Kosovo-Albaner Mitarbeitern des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) im mazedonischen Blace.Während der Angriffswellen suchten die Truppen Schutz in der direkten Nachbarschaft von Wohngebieten.

Wie UNHCR-Sprecher Janowski in Genf sagte, überquerten am Dienstag rund 1000 Kosovo-Albaner die Grenze bei Blace.Sie seien in Zügen bis zur mazedonischen Grenze gekommen und nicht aufgehalten worden.Ein großer Teil von ihnen sei in dem Zug gewesen, der am Vortag noch von serbischen Einheiten zur Umkehr gezwungen wurde.Viele Flüchtlinge stammten aus Urosevac.Die Stadt sei vollständig von serbischen Soldaten besetzt, so eine UNHCR-Sprecherin.Vor Krankenhäusern und Schulen seien Panzer aufgestellt; Hilfstransporte würden von den Soldaten geplündert.

Die jugoslawische Armee ließ nach Angaben Janowskis in der Region Sandzak nach einer UN-Intervention 106 Kosovo-Albaner frei.Die Männer waren am Sonnabend an der Grenze zwischen Montenegro und Albanien aus Bussen geholt und abgeführt worden."Wir sind aber nicht sicher, daß wirklich alle von ihnen freigelassen wurden."

Unterdessen forderte das US-Außenministerium, gleichzeitig mit dem Einrücken einer internationalen Schutztruppe ins Kosovo müsse die Aufklärung von Kriegsverbrechen beginnen."Dann müssen Ermittler des Tribunals und Gerichtsmediziner mit", forderte US-Botschafter David Scheffer nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Solana in Brüssel.Mit Ausnahme von Kambodscha (1975) und Ruanda (1994) seien noch nie so viele Kriegsverbrechen in so kurzer Zeit geschehen wie bei den "ethnischen Säuberungen" im Kosovo.

Nach Scheffers Angaben hat es bislang in 75 Orten im Kosovo Massenhinrichtungen gegeben, bei denen mindestens 5000 Menschen getötet wurden."Diese Zahl ist noch gering angesetzt." Zudem habe es Massenvergewaltigungen gegeben.Im Kosovo würden derzeit 225 000 junge Männer im Alter zwischen 14 und 59 Jahre vermißt."Wir wissen nichts über ihr Schicksal", sagte Scheffer.Insgesamt hielten sich noch 550 000 Kosovo-Albaner im Kosovo auf.Hunderte würden als "menschliche Schutzschilde" in Einrichtungen der Belgrader Armee, bei Militärtransporten oder in kriegswichtigen Industrieanlagen benutzt."Sie werden nicht zur Abschreckung von Nato-Angriffen gezeigt, sondern versteckt, um die Opfer der Nato anlasten zu können", sagte Scheffer.Der Einsatz "menschlicher Schutzschilde" verstoße gegen internationales Recht."Das ist illegal und deshalb ein Kriegsverbrechen." Der Internationale Gerichtshof in Den Haag verfüge bereits über zahlreiche Dokumente, die Kriegsverbrechen im Kosovo dokumentierten.Tausende Flüchtlinge hätten übereinstimmende Berichte abgegeben.Für die Aufarbeitung brauche das Tribunal mehr Mittel.

Unbekannte griffen den Sitz der oppositionellen Demokratischen Partei in der Belgrader Innenstadt an.Es wurden Scheiben zerschlagen und die Außenwände beschädigt, teilte die Partei mit.Dies sei ein "offensichtliches" Beispiel der politischen Abrechnung mit der Opposition.

UN-Mitarbeiter bei Unfall verletzt

Zwei Angehörige der UN-Delegation, die sich derzeit in Jugoslawien über Hilfsmaßnahmen informiert, sind bei einem Unfall auf der Straße von Pancevo nach Zrenjanin verletzt worden.Begleitende Journalisten berichteten, das Fahrzeug der UN-Mitarbeiter sei auf dem Weg nach Novi Sad gewesen, um die vielfach von der Nato bombardierte Stadt zu besuchen und die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erkunden.Zu dem Unfall sei es gekommen, als der Fahrer des UN-Fahrzeugs wegen eines entgegenkommenden Wagens habe bremsen müssen, so Augenzeugen.Der Wagen habe sich überschlagen und sei im Graben auf dem Dach liegengeblieben.

Innen-Staatssekretärin Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) verteidigte die Entscheidung für die Aufnahme eines zweiten Kontingents über die bereits aufgenommenen 10 000 Menschen hinaus.

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