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Politik: Assad lässt weiterschießen

Berlin: Syrien erneut Thema im UN-Sicherheitsrat

Amman - Die syrische Armee hat den dritten Tag in Folge Wohngebiete in der umzingelten Hafenstadt Latakia beschossen. Panzer hätten sunnitische Viertel angegriffen, berichteten Augenzeugen am Montag. „Die Menschen versuchen zu flüchten, aber sie können Latakia nicht verlassen, weil die Stadt umzingelt ist“, sagte ein Bewohner der Nachrichtenagentur Reuters. In mehreren Vierteln wurde einem weiteren Augenzeugen zufolge mit Maschinengewehren geschossen.

Die Regierung spiele mit dem Feuer, sagte ein Aktivist. Bald würden die Menschen zu den Waffen greifen, statt sich abschießen oder inhaftieren und demütigen zu lassen. Es gebe aber die Hoffnung, dass der Druck der Straße und der internationalen Gemeinschaft das Regime vorher stürze.

Nach Angaben einer Oppositionsgruppe töteten die Soldaten von Präsident Baschar al Assad am Montag einen 22-jährigen Zivilisten. Damit stieg die Zahl der Toten seit Beginn der Angriffe auf Latakia auf mindestens 30. Im ganzen Land sollen seit Ausbruch der Proteste im März bis zu 2000 Zivilisten getötet worden sein.

Die Bundesregierung will die Gewalt in Syrien noch diese Woche erneut zum Thema im UN-Sicherheitsrat machen und dringt auf schärfere Sanktionen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte einem Sprecher zufolge deshalb in den vergangenen Tagen Kontakt zu seinen Kollegen in Europa, der Türkei, den USA und Russland.

Die Proteste gegen Assad, der der Religionsgemeinschaft der Alawiten angehört, werden vor allem von Sunniten getragen. Etwa 75 Prozent der syrischen Bevölkerung gehören dieser muslimischen Glaubensrichtung an, während die Alawiten nur rund sechs Prozent ausmachen. Der autokratische Präsident Assad hat im muslimischen Fastenmonat Ramadan seine Offensive gegen die Regierungskritiker ausgeweitet, die seit fünf Monaten demokratische Reformen fordern. Latakia ist dabei die vorerst letzte einer Reihe von Städten, in die Assad-treue Soldaten einrückten. In der Hafenstadt verlangten einem Studenten zufolge nach den Abendgebeten täglich rund 20 000 Demonstranten den Rücktritt Assads. Anders als in den meisten vornehmlich sunnitisch geprägten Städten gibt es in Latakia jedoch eine größere alawitische Gemeinde.

Syrische Panzer waren am Samstag in die Hafenstadt eingerückt, nachdem die Armee Bewohnern zufolge einige Viertel vor Monaten abgeriegelt und Stromleitungen gekappt hatte. Nach Berichten von Augenzeugen und Menschenrechtsgruppen beschossen am Sonntag auch Kriegsschiffe vom Mittelmeer aus Wohngebiete in der Stadt. Die staatliche Nachrichtenagentur bestritt jedoch, dass Latakia vom Meer aus angegriffen wurde. Die Berichte aus Syrien können nur schwer überprüft werden, weil die Regierung ausländische Korrespondenten aus dem Land verwiesen hat.

Soldaten der Regierung griffen Menschenrechtlern zufolge am Montag auch Dörfer in der Hula-Ebene nördlich von Homs an und nahmen Menschen fest. Mindestens 12 000 sind seit Ausbruch der Revolte inhaftiert worden. Tausende politische Gefangene saßen schon vorher in syrischen Gefängnissen. rtr

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