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Rainer Brüderle fühlt sich falsch verstanden.

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Atom-Moratorium: BDI will Brüderle falsch verstanden haben

Wirtschaftsminister Brüderle soll das Aussetzen der Laufzeitverlängerung bei deutschen AKW als Wahlkampftaktik bezeichnet haben. Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit kann sich das gut vorstellen - und steht damit nicht allein.

Der Industrieverband BDI hat angebliche Äußerungen von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), wonach das Atom-Moratorium der Bundesregierung Wahlkampfstrategie sei, als Protokollfehler dargestellt. BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf erklärte am Donnerstag zum Protokoll über die Sitzung des BDI-Präsidiums vom 14. März, dem Montag nach dem Beginn der Atom-Katastrophe im japanischen Fukushima: „Es liegt ein Protokollfehler vor. Die Äußerung des Bundeswirtschaftsministers ist falsch wiedergegeben worden.“    

Die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstag) hatte aus dem Protokoll zitiert, Brüderle „wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien“. Brüderle hatte an dem Montag als Gast an der Gremiensitzung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) teilgenommen.

Brüderle selbst sagte, die Darstellung sei falsch. Die Sicherheit der Atomkraftwerke habe für die schwarz-gelbe Regierung absolute Priorität. „Uns Wahlkampfmanöver vorzuwerfen, ist absurd.“    

Brüderle versuchte, angesichts der umstrittenen Äußerungen den Spieß umzudrehen, und attackierte die Opposition. Die Energiepolitik von SPD, Linkspartei und Grünen sei eine Nullnummer. „Sie blockieren beim Umbau des Kraftwerksparks.“ Außerdem fehlten bis zu 3600 Kilometer Stromnetze, um die Energiewende zu schaffen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf den Regierungskurs klarzustellen. Merkel müsse nach den angeblichen Äußerungen des Wirtschaftsministers deutlich machen, dass die alten Atomkraftwerke auch nach der Wahl nicht wieder ans Netz gingen, sagte Wowereit am Donnerstag dem Berliner Radiosender 104.6 RTL. „Dies wäre verantwortungslos.“

Brüderle habe mit seinen angeblichen Äußerungen nur „die Katze aus dem Sack“ gelassen. „Das, was viele schon vermutet haben, dass es sich um Wahlkampftaktik handelt und nicht um einen ernsthaften Wechsel einer unvernünftigen Politik - dies wird jetzt nochmal bestätigt“, sagte Wowereit.

„Was Sie dort betreiben und sagen, wegen der Landtagswahlen machen wir jetzt mal eine Aussetzung und danach geht es im Kern so weiter, das ist ein verantwortungsloses Spiel mit den Bürgerinnen und Bürger“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi am Donnerstag im Bundestag. Brüderle habe wohl vergessen, dass „reiche Knöppe“ und noch dazu „deutsche Knöppe“ immer Protokoll führen.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Josef Fell betonte: „Herr Minister Brüderle, aus der Sache kommen Sie nicht mehr raus.“ Das Atom-Moratorium sei reine Wahltaktik, daran gebe es nun keinen Zweifel mehr. Die Opposition reagierte mit schallendem Gelächter auf Brüderles Versuch, das Ganze als Protokollfehler darzustellen. (dpa)

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