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Atomdebatte: Iran hat gute Karten bei "endlosem Poker-Spiel"

In der Sache Iran und die Atomtechnik sind die Weichen gestellt. Die Frist des UN-Sicherheitsrates läuft, doch Iran beharrt auf seinem Recht. Deutschland kann an dieser Verhandlungsaufgabe nur wachsen.

New York/Berlin - Dschawad Sarif ist ein überraschender Repräsentant der iranischen Mullahs. Der Herr mit dem grau melierten Bart und dem müden Diplomatenblick ist in seinem Auftreten weltmännisch-geschmeidig. Als er nach der einstimmigen Verurteilung seines Landes durch den Weltsicherheitsrat vor die Presse tritt, spricht er lediglich im Ton leichter Entrüstung. Nur wenn er «ein gewisses ständiges Mitglied des Sicherheitsrates» - die Vereinigten Staaten - erwähnen muss, werden die Formulierungen schon mal etwas bissiger.

Eigentlich sollte dies der Tag der «iranischen Schande» sein. Der Weltsicherheitsrat, dieser «Gerichtshof der öffentlichen Meinung», wie ihn ein europäischer Diplomat kürzlich genannt hat, hat den Iran zur Ordnung gerufen. Amerikas UN-Botschafter John Bolton blickt angriffslustig in die Runde: «In 30 Tagen sind wir wieder hier, und dann werden wir ja sehen, was sich getan hat», sagt er. Selbst Russland und China sprechen von einem «klaren Signal an den Iran».

Ein erstaunlicher Nebenaspekt dieser Krise ist die zentrale Rolle, die Deutschland spielt. Zusammen mit mit Frankreich und Großbritannien gehört Deutschland zur EU-Troika, die seit Jahren mit dem Iran verhandelt hat - mit nur mäßigem Erfolg.

Friedliche Nutzung nachweisen

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) war am Donnerstag in Berlin Gastgeber seiner Kollegen aus den USA, aus Großbritannien, Frankreich und Russlands sowie des chinesischen Vizeaußenministers und des EU-Chefdiplomaten Javier Solana. Unüberhörbar deutlich unterstrichen sie die Erklärung des Weltsicherheitsrats, der vom Iran verlangt, seine Urananreicherung binnen 30 Tagen zu stoppen.

Der Iran müsse zwischen dem Verhandlungstisch und internationaler Isolierung wählen, sagten Steinmeier und seine US-Kollegin Condoleezza Rice. Sie war kurz zuvor auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammengetroffen. Im Mittelpunkt des Gesprächs: Der Iran. Der britische Außenminister Jack Straw beklagte in Berlin, sich der Iran widersetze seit 18 Jahren den Forderungen der internationalen Völkergemeinschaft. Nahezu ultimativ wurde Teheran aufgefordert, die friedliche Nutzung der Atomenergie «belastbar» und über einen längeren Zeitraum nachzuweisen.

Öl-Embargo bei weitem zu kostspielig

Der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki bestand auch nach der Erklärung des Sicherheitsrates auf dem Recht seines Landes zur friedlichen Atom-Nutzung. «Der Zugang zur friedlichen Nutzung der Nukleartechnologie ist das unbestreitbare Recht des Irans und anderer Mitgliedstaaten des Atomwaffensperrvertrags», sagte vor der UN- Abrüstungskonferenz in Genf. Dieses Recht bestreiten die Veto-Mächte aber auch gar nicht.

Die iranische Regierung weiß, dass sie bei diesem «endlosen globalen Pokerspiel» (New York Times) gute Karten hat. Von Sanktionen wollen weder Russland noch China vorerst etwas wissen. Und selbst die USA reden nicht von einem Öl-Embargo - das wäre zu kostspielig für die eigene Wirtschaft. So erschöpft sich die Drohkulisse bisher in einem möglichen Reiseverbot für iranische Regierungsmitglieder, im Einfrieren ihrer ausländischen Vermögen und im Ausschluss des iranischen Teams von der Fußballweltmeisterschaft.

Selbst militärische Luftschläge der USA könnten das iranische Atomprogramm nach Meinung von Experten höchstens verzögern. Für einen Krieg mit dem Ziel eines Regimewechsels aber fehlt dem im Irak gebundenen Amerika die Kraft. (Von Christoph Driessen und Gerd Reuter, dpa)

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