zum Hauptinhalt
318599_3_xio-fcmsimage-20100115220325-006000-4b50d81dede05.heprodimagesfotos824201001162opk2146.jpg

© dpa

Atommüll: Ab in den Schacht

Das Bundesamt für Strahlenschutz will das einsturzgefährdete Lager Asse räumen – wenn das technisch möglich ist.

Zum ersten Mal weltweit soll ein unterirdisches Atommülllager geöffnet und geräumt werden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sprach sich am Freitag dafür aus, die vor Jahrzehnten in das Bergwerk Asse bei Wolfenbüttel eingelagerten radioaktiven Abfälle wieder herauszuholen. Dies sei derzeit die beste Variante für die Schließung des Bergwerks, sagte BfS-Präsident Wolfram König in Hannover. Das Lager ist einsturzgefährdet. Neue Lagerstätte soll der 20 Kilometer entfernte Schacht Konrad werden.

Außer der Rückholung des Atommülls hatte das BfS auch die komplette Verfüllung des Bergwerks mit einem Spezialbeton und einer Lauge sowie die Umlagerung der Abfälle in tiefere Schichten prüfen lassen. Auf der Basis von Gutachten, die mehrere Institute angefertigt hatten, sei die vollständige Rückholung der Abfälle anzustreben, sagte König. Dafür könne der nötige Langzeitsicherheitsnachweis erbracht werden.

Dies wäre bei einer Vollverfüllung der Asse aus Sicht des BfS nicht der Fall. Experten sehen nämlich die Gefahr, dass der radioaktive Müll irgendwann aus den teilweise wohl schon korrodierten Fässern austritt und ins Grundwasser gelangt. Bei der Umlagerung des Mülls, so König, bestehe wiederum das Risiko, keinen geeigneten Einlagerungsbereich in der Asse zu finden. Außerdem dauere diese Option der Entsorgung weitaus am längsten. „Keine der drei Varianten ist optimal, das wussten wir“, sagte König. Das Bundesamt will nun so schnell wie möglich einen Plan erarbeiten, wie zunächst einige Kammern mit Atommüll geöffnet werden können. Daraus sollen dann Proben entnommen werden. Vom Zustand der Fässer erhofft sich die Behörde Aufschluss über das weitere Vorgehen. Sie schließt nicht aus, dass das ganze Konzept noch einmal gekippt werden könnte: wenn nämlich die eingelagerten Abfälle in einem deutlich schlechteren Zustand als erwartet sind und dies bei der Bergung zu einer unvertretbaren Strahlenbelastung der Beschäftigten führen würde. In diesem Fall müsste die Entscheidung für die Rückholung neu bewertet werden, sagte König. Das Vorgehen sei mit dem Bundesumweltministerium so abgestimmt. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) bekräftigte am Freitag, vor einer Rückholung müsse der Zustand des Mülls und der Fässer genauer geprüft werden. Die Bergung der Abfälle könnte insgesamt rund zehn Jahre dauern.  „Wir hätten gerne mehr Zeit“, sagte König. Doch wegen des instabilen Zustands der Asse steht die Behörde unter starkem Druck. Der BfS-Chef hofft, dass ein großer Teil der Arbeiten von automatischen und ferngesteuerten Maschinen geleistet werden kann: „Wir stehen vor einer großen wissenschaftlich-technischen Herausforderung“, sagte König.

Als künftige Lagerstätte für die Abfälle kommt nach Stand der Dinge die frühere Eisenerzgrube Konrad bei Salzgitter in Betracht, die vom BfS derzeit zum Endlager für schwach- und mittelaktiven Atommüll ausgebaut wird. Allerdings gilt die Konrad-Genehmigung nur für höchstens 303 000 Kubikmeter Müll. Da allein das Volumen der Asse-Abfälle auf bis zu 100 000 Kubikmeter geschätzt wird, bliebe somit für die vertraglich bis 2040 festgelegte weitere Aufnahme von Atommüll kaum Platz. Das Konrad-Verfahren müsste neu aufgerollt werden.

Über die möglichen Kosten der Rückholung machte der BfS-Chef keine konkreten Angaben. Diese zu ermitteln, sei nicht Bestandteil des Optionenvergleichs gewesen. Der frühere Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte eine Summe von etwa zwei Milliarden Euro genannt. Am Freitag forderte Gabriel die Bundesregierung auf, die Verursacher des Atommüllskandals in der Asse für die Sanierungskosten zur Kasse zu bitten. Verschiedenen Studien zufolge stammen rund drei Viertel des Asse-Mülls von den Atomkraftwerksbetreibern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false