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Atommüll: Zehnter Castortransport in Gorleben erwartet

Ein Jubiläum steht ins Haus, alle Beteiligten sind gut vorbereitet, aber freuen mag sich keiner: Am kommenden Wochenende wird der zehnte Castortransport für das Atomzwischenlager Gorleben im Wendland erwartet.

Hannover - Erneut werden mindestens 10.000 Polizisten vor Ort dafür sorgen, dass die zwölf mehr als 100 Tonnen schweren Behälter mit hoch radioaktivem Müll aus Frankreich sicher im Gorlebener Zwischenlager eintreffen. Und mehrere tausend Demonstranten werden wie üblich Widerstand leisten. Sie wollen es der Politik so schwer wie möglich machen, im Gorlebener Salzstock doch noch das Endlager für die hochradioaktiven Abfälle aus deutschen AKWs einzurichten, die für die Menschen im Wendland hunderttausende Jahre lang eine Bedrohung blieben.

Ihre ganze Hoffnung setzen die Wendländer derzeit auf den sozialdemokratischen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Der schlug eine neue bundesweite und ergebnisoffene Standortsuche für ein Endlager vor. Aber Gabriel kündigte vor wenigen Tagen auch an, er könne sich vorstellen, das Moratorium für die Untersuchung des Salzstocks auf seine Eignung als Endlager aufzuheben. Die Befürchtung vor Ort: Wird noch mehr Geld in die Erkundung der Salzformation gesteckt, wächst auch der Druck, hier letztlich das Endlager einzurichten.

Wendland im Ausnahmezustand

Für Friedrich Niehörster, Chef der Polizeidirektion Lüneburg, ist es das dritte Mal, dass ihm beim Castortransport das Kommando zufällt. Die Beamten von Bundes- und Länderpolizeien haben das Wendland längst in eine Art Ausnahmezustand versetzt. Die Atomkraftgegner rechneten aus, übertrage man das Verhältnis von Einwohnern zu Polizisten in Castorzeiten auf Berlin, müssten dort fast 700.000 Beamte zusammengezogen werden.

Die 50 Kilometer lange Schienenstrecke von Lüneburg bis Dannenberg wird jetzt rund um die Uhr überwacht, auch die Umladestation selbst und die verbleibenden 20 Straßenkilometer stehen unter Dauerbeobachtung. Zahllose Wohncontainer und alte Kasernen wurden für die Ordnungshüter aus dem Dornröschenschlaf geweckt, auch die Camps der Atomkraftgegner sind ausgestattet und aufnahmebereit.

Transport startet schon am Freitag in Frankreich

Neu ist nur der Termin: Der Castortransport soll in diesem Jahr offenbar bereits am Freitag bei der Wiederaufarbeitungsanlage im französischen La Hague starten, entsprechend könnte der Umladevorgang von der Schiene auf die schweren Lastwagen für die letzten knapp 20 Kilometer bereits am Sonntagabend erfolgen. Jeder Tag, den die Polizisten aus den anderen Bundesländern früher nach Hause können, spart Niedersachsen einen Millionenbetrag. Die Atomkraftgegner haben sich mit dem neuen Terminplan rasch angefreundet: Am arbeitsfreien Sonntag, so die Rechnung, könnten nun sehr viel mehr Menschen an der Schienenstrecke demonstrieren und an Blockadeversuchen teilnehmen.

In den vergangenen Jahren ging die Zahl der Widerständler allerdings kontinuierlich zurück. Im letzten Jahr konnten auch Sitzblockaden oder andere spektakuläre Aktionen den Fahrplan des Transports nicht durcheinander bringen. Eine Alternative zum Zwischenlager Gorleben gibt es indes nicht: Nur Gorleben hat eine Genehmigung zur Einlagerung von Glaskokillen aus den Wiederaufarbeitungsanlagen wie La Hague in Frankreich und Sellafield in Großbritannien. Von den 440 Stellplätzen für Castoren sind zudem erst 68 belegt. (Von Josef Harnischmacher, AFP)

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