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Politik: Auch abseits stehende Unternehmen sollen sich am Opfer-Fonds beteiligen, fordert VW-Sprecher Kocks

Nach den ergebnislosen Gesprächen über eine Entschädigung für Zwangsarbeiter des Nazi-Regimes hat die Volkswagen AG noch abseits stehende Unternehmen zu mehr Engagement aufgerufen. "Die deutsche Industrie ist endlich gefordert", sagte VW-Sprecher Klaus Kocks der "Braunschweiger Zeitung".

Nach den ergebnislosen Gesprächen über eine Entschädigung für Zwangsarbeiter des Nazi-Regimes hat die Volkswagen AG noch abseits stehende Unternehmen zu mehr Engagement aufgerufen. "Die deutsche Industrie ist endlich gefordert", sagte VW-Sprecher Klaus Kocks der "Braunschweiger Zeitung". "Das außenwirtschaftliche Risikopotenzial wird immer größer." Kocks sprach sich indirekt für eine Aufstockung des Angebots von Wirtschaft und Bundesregierung an die Zwangsarbeiter aus.

"Die Verhandlungen sind hoch schwierig. Aus unserer Sicht steht die Zukunft des Bundesfonds wirklich auf des Messers Schneide", sagte Kocks, der Unverständnis darüber zeigte, "wie wenig großzügig sich manche deutschen Großkonzerne - zum Beispiel aus dem Chemiebereich - in dieser Frage zeigen". VW hält vor allem das in der Öffentlichkeit "als Kungelei" empfundene Gerangel für weltweit schädigend.

Kocks empfahl der deutschen Industrie: "Unser VW-Fonds könnte doch als Vorbild für die anderen dienen." VW zahlt jedem seiner früheren Zwangsarbeiter 10 000 Mark. Das Sechs-Milliarden-Mark-Angebot der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft - ihr gehören neben VW 15 weitere Konzerne an - würde hingegen nach ersten Schätzungen auf eine Entschädigung von unter 3000 Mark pro Person hinauslaufen. Bei Volkswagen seien inzwischen insgesamt 6500 Zuschriften eingegangen. Davon hätten 1500 noch nicht abgearbeitet werden können, weil es Übersetzungsprobleme gebe. "Reguliert wurden bisher rund 1000 Fälle", sagte Kocks. "Weitere 4000 haben wir bearbeitet, aber sie betrafen uns gar nicht, weil die Leute beispielsweise bei Conti gearbeitet hatten."

Gegen den Stahlkonzern Salzgitter AG sind mehrere Sammelklagen von ehemaligen Zwangsarbeitern nach Entschädigungen in Vorbereitung. Das teilte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Salzgitter, Werner Kubitza, am Mittwoch mit. Es handele sich um Bürger aus Polen und aus Griechenland, die während des Nationalsozialismus in den damaligen "Reichswerken Hermann Göring" in Salzgitter arbeiten mussten, sagte Kubitza vor der für Mittwoch geplanten Übergabe mehrerer Gedenktafeln auf dem Gelände des Stahlkonzerns.

Bei den Reichswerken, aus denen nach dem Krieg unter anderem die Salzgitter AG hervorging, waren nach Untersuchungen mehrere zehntausend Zwangsarbeiter beschäftigt. Darunter befanden sich auch etliche tausend Häftlinge, die unter anderem im Konzentrationslager Drütte direkt auf dem Werksgelände untergebracht waren. Die IG Metall schätzt, dass heute noch mehrere tausend Zwangsarbeiter leben und Anspruch auf eine Entschädigung hätten.

Der Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche hat am Mittwoch einen Vergleich mit einem ehemaligen polnischen Zwangsarbeiter kategorisch abgelehnt. Eine Zivilkammer des Landgerichts hatte vorgeschlagen, an den heute 74-jährigen Mann 15 000 Mark zu zahlen. Der nicht vor Gericht erschienene Kläger hatte von dem Autobauer 98 500 Mark Entschädigung und Schmerzensgeld für zwischen März 1942 und April 1945 geleistete Arbeit verlangt.

Der Vertreter von Porsche, Wolfgang Dreyer, sagte, das Unternehmen werde keinem Vergleich zustimmen, weil das einen Präzedenzfall schaffen würde. Porsche argumentiert, die Firmengründung sei erst 1948 erfolgt, der Zwangsarbeiter habe bei einer Vorgängerfirma Porsches gearbeitet. Das Gericht hatte mehrfach an den Sportwagenhersteller appelliert, den Vorschlag des Landgerichts anzunehmen. Porsche sei psychologisch gut beraten, wenn sich die Firma auf so etwas einlasse. Ein Urteil wird voraussichtlich am 24. November verkündet.

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