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Politik: Aufklärung oder Propaganda?

Von Eberhard Löblich, Magdeburg Die Autoren einer rechtsextremen Internet-Zeitung geben sich keine Mühe, ihren Triumph zu verbergen. „Schluss mit lustig – Neue Regierung in Sachsen-Anhalt räumt mit roten Propagandaelementen auf.

Von Eberhard Löblich,

Magdeburg

Die Autoren einer rechtsextremen Internet-Zeitung geben sich keine Mühe, ihren Triumph zu verbergen. „Schluss mit lustig – Neue Regierung in Sachsen-Anhalt räumt mit roten Propagandaelementen auf.“ So lautet die Überschrift eines Berichtes über das bevorstehende Ende des Vereins „Miteinander, Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt“. Kurz zuvor hatte die neue CDU/FDP-Landesregierung im Koalititonsvertrag mit wenigen Worten den Stab über einen Verein gebrochen, dessen Wirken weit über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus anerkannt ist. „Die Koalitionspartner werden“, so steht es im Dokument, „die einseitige Förderung politisch motivierter Vereine (z.B. Miteinander e.V.) einstellen und die frei werdenden Mittel für Angebote in der Jugendarbeit umschichten.“ Die rechte Szene hat nichts dagegen.

„Dieser Verein organisierte in der Vergangenheit nicht nur Aktionen gegen Nationalisten“, heißt es in besagter Internet-Zeitung, „sondern widmete sich auch zersetzender Bildungsarbeit in Kindergärten, wo man Neger aus Togo den Kindern Märchen über die Vorteile der Multikultur erzählen ließ“. Dank der Unterstützung durch die SPD-Regierung habe der Verein mehr als 500 Projekte ins Leben rufen können, „denen im Prinzip jedoch nur eins gemein war, nämlich der Kampf gegen rechts“. Zumindest in dieser Ansicht sind sich die Extremisten mit den schwarzgelben Koalitionären einig. „Der Verein hat eine eindeutig einseitige politische Zielsetzung“, findet der CDU-Fraktionssprecher im Magdeburger Landtag, André Schröder. Zudem sei er in den vergangenen drei Jahren mit unverhältnismäßig hohen Finanzmitteln durch die alte Landesregierung unterstützt worden.

Tatsächlich hat „Miteinander e.V.“ mit dem Landeszuschuss von einer Million Euro jährlich zahlreiche Projekte organisiert. Dazu zählen unter anderem eine flächendeckende Betreuung von Opfern rechter Gewalt oder Anti-Gewalt- und Aufklärungsprojekte an Schulen und an Kindergärten.

Zum Tätigkeitsfeld des Vereins gehören auch Lehrerfortbildungen. Ein Job, bei dem man im Urschleim anfangen müsse, erzählt David Begrich, hauptamtlicher Mitarbeiter des Vereins. „Es ist erschreckend, wie wenig Lehrer oder manche Sozialarbeiter zum Beispiel über den Unterschied zwischen potenziellem Rechtsextremismus und bloßer jugendlicher Oppositionshaltung wissen.“ Auch diese Aufklärungsarbeit müsste künftig entfallen. Denn wie alle anderen 23 hauptamtlichen Mitarbeiter wird Begrich gekündigt, falls die Pläne der Landesregierung tatsächlich umgesetzt werden.

Tatsächlich kann bezweifelt werden, ob „Miteinander e.V.“ eine politisch einseitig ausgerichtete Vereinigung ist. Immerhin sind beide Kirchen Mitglied, im Beirat sitzen außerdem der CDU-Bürgermeister von Salzwedel, Siegfried Schneider, der CDU-Landrat von Wernigerode, Michael Ermrich, und der Präsident der IHK Magdeburg, Klaus Hieckmann.

Gegründet worden war „Miteinander“ als Reaktion auf ein Ereignis, das Sachsen-Anhalt auch international schlagartig ins Licht der Öffentlichkeit, vor allem aber in eine rechtsextreme Ecke gerückt hatte. Bei der Landtagswahl im Jahr 1998 hatte die DVU 12,9 Prozent der Wählerstimmen errungen und war mit 16 Abgeordneten ins Magdeburger Parlament eingezogen. Aufklärungsarbeit zu leisten – dafür war der Verein mit seinem Vorsitzenden Hans-Jochen Tschiche nach diesem Wahldesaster angetreten.

Tschiche war in der DDR zunächst Pfarrer, später Leiter der Evangelischen Akademie Magdeburg. Er nahm kein Blatt vor den Mund, war Dissident und Bürgerrechtler. Einer seiner Gegner war schon damals Jürgen Scharf, ab 1976 CDU-Mitglied und nicht ganz frei von kommunalpolitischer Verantwortung für die Vergangenheit. Zudem war er Mitglied im Beirat der Evangelischen Akademie. „Und damals schon“, erinnert sich Tschiche, „hat er mir vorgeworfen, dass die Veranstaltungen der Evangelischen Akademie sehr einseitig seien und normale Christen, die in der DDR leben wollten, da nicht hingehen könnten.“

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