zum Hauptinhalt

Politik: Aufstand der Veteranen

Die Autoren des EU-Verfassungsentwurfs wollen kämpfen – gegen die massive Kritik der Regierungen

Maßgebliche Vertreter des Europäischen Verfassungskonvents haben sich entschlossen, dafür zu kämpfen, dass der Konventsentwurf nicht durch die Regierungskonferenz verwässert wird. Der stellvertretende Vorsitzende der sozialdemokratischen Parteien Europas und Vizepräsident des Konvents, Giuliano Amato, äußerte am Freitag seine Besorgnis über die aktuellen Verhandlungen in der Regierungskonferenz. „Wir sind wachsam und bereit zu kämpfen“, heißt es in seiner Erklärung. Mit einem überparteilichen Appell an die Regierungskonferenz wollen nationale Abgeordnete, Europaparlamentarier und ehemalige Konventsmitglieder verhindern, dass der Verfassungsentwurf des Konventes grundlegend verändert wird.

Außerdem haben sich der Präsident des Konventes, Valery Giscard d`Estaing, und seine Vizepräsidenten Giuliano Amato und Jean-Luc Dehaene jetzt in einem offenen Brief besonders an die kritischen EU-Mitgliedstaaten gewandt, um deren Vorbehalte gegen den Konventsentwurf auszuräumen. Dabei orientieren sie sich an den „Federalist Papers“ aus den Jahren 1787 und 1788, mit denen der als Vater der amerikanischen Verfassung geltende James Madison zusammen mit Alexander Hamilton und John Jay den in Philadelphia vorgelegten Verfassungsentwurf öffentlich zu erklären und zu verteidigen versuchte (siehe Kasten).

Der Konvent hatte seine Arbeit vor vier Monaten beendet. Jetzt streitet die Regierungskonferenz ohne große Fortschritte über die zukünftige Verfassung. Offenbar treffen dort die nationalen Interessen mit aller Härte aufeinander. Die neuen Rechte des Europaparlaments und der nationalen Parlamente drohen beschnitten zu werden.

Amato forderte die Regierungskonferenz deshalb auf, die „Kernpunkte für eine soziale und demokratische Verfassung“ abzusichern. Die Reform der europäischen Institutionen sei nötig und dürfe nicht durch die Regierungen verhindert werden. Der Appell, den Amato zusammen mit der österreichischen Abgeordneten Maria Berger initiierte und der bisher fast siebzig Unterzeichner fand, konzentriert sich im Wesentlichen auf die Rettung des im Konventsentwurf vorgeschlagenen „Legislativrates“. Amato hatte die Idee in den Konvent eingebracht. Doch die Regierungskonferenz lehnte den Vorschlag ohne Diskussion bei zwei Gegenstimmen ab. Nur Deutschland und Portugal hatten sich für den öffentlich tagenden Gesetzgebungsrat eingesetzt. Er sollte als eine Art zweite Kammer neben dem Europaparlament über alle Gesetze befinden. Die Entscheidungskompetenz der Fachräte sollte dagegen schwinden. Die österreichische Europaabgeordnete Maria Berger sagte: „Die Regierungskonferenz ist sich über nichts einig, außer über die Abschaffung des Legislativrates. Dabei sollte dieser Rat die Parlamente stärken. Das kann man nicht hinnehmen“. Der Gesetzgebungsrat soll dem Ziel dienen, mehr Transparenz in Europa zu schaffen. Die nationalen Parlamente hätten ihre Kontrollfunktion dadurch besser wahrnehmen können. Nach Auskunft von Diplomaten scheint diese Aussicht endgültig verloren zu sein.

Mariele Schulze Berndt[Brüssel]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false