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Update

Aufstand gegen Assad: UN-Sicherheitsrat berät über Massaker in Syrien

Nach dem schweren Angriff im Zentrum Syriens mit mehr als 90 Toten ist der UN-Sicherheitsrat noch am Sonntag zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Mehr als 100 Menschen waren bei den Kämpfen in Hula ums Leben gekommen, unter ihnen viele Kinder.

Bei dem Massaker in der zentralsyrischen Stadt Hula sind mehr Menschen getötet worden, als bisher angenommen. Es habe 108 Todesopfer gegeben, sagte der Leiter der UN-Beobachtermission in Syrien, Robert Mood, am Sonntag nach Angaben von Diplomaten im UN-Sicherheitsrat in New York. Zudem seien etwa 300 Menschen verletzt worden. Zuvor hatten die UN-Beobachter von mindestens 92 Todesopfern gesprochen.

Bei der Sitzung des Sicherheitsrates wurde die Lage in Syrien beraten. Russland hatte zuvor eine Verurteilung des Massakers von Hula durch das Gremium verhindert. Statt einer entsprechenden Vorlage für eine Erklärung zuzustimmen, forderte der Vertreter Moskaus nach Diplomatenangaben eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates zu dem Thema.

Zu Beginn der Sitzung hinter verschlossenen Türen äußerte der russische Vertreter Igor Pankin vor Journalisten Zweifel an der Darstellung von Menschenrechtsaktivisten, dass syrische Regierungstruppen das Blutbad verübten. „Wir müssen prüfen, ob es wirklich die syrischen Autoritäten waren.“ Zudem gäbe es §Informationen, dass die Art der Verletzungen vieler Todesopfer nicht von Artilleriebeschuss stammen§, schrieb Vize-Außenminister Gennadi Gatilow am Sonntagabend beim Kurznachrichtendienst Twitter. „Lasst uns auf die objektiven Untersuchungen der UN-Beobachtermission warten.“ „Die tragischen Ereignisse in Syrien und der Tod Dutzender Menschen sind zu verurteilen. Wir müssen aber die Gründe für das, was geschehen ist, genau untersuchen“, schrieb Gatilow weiter. Die UN-Vetomacht Russland ist ein enger Partner der Führung des umstrittenen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

Der Angriff in Hula gilt als eines der blutigsten Ereignisse seit Beginn des Aufstands in Syrien vor 15 Monaten. UN-Beobachter zählten bei ihrem Eintreffen vor Ort unter den Opfern mindestens 32 Kinder unter zehn Jahren. Nach Angaben von Aktivisten griffen am Freitag zunächst Regierungstruppen die Ansammlung von Ortschaften nordwestlich der belagerten Stadt Homs an, dann stürmten regierungstreue Kriminelle die Ortschaften, überfielen Häuser und töteten Zivilisten. Angehörige der gefürchteten regimetreuen Schabiha-Miliz seien von Haus zu Haus gegangen, um die Bewohner mit Pistolen und Messern zu ermorden. Die syrische Regierung hat die Verantwortung für die Taten zurückgewiesen. Das Regime in Damaskus schrieb die Bluttat in Al-Hula in der Provinz Homs „terroristischen Banden“ zu. Die UN-Beobachter in Syrien sprachen von einer „Tragödie sondergleichen“. Der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) warnte vor einem langen Bürgerkrieg in Syrien.

Offizielle syrische Stellen versichern, "dass keine syrische Artillerie oder schwere Waffen im Gebiet von Al-Hula eingesetzt wurden", erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Dschihad Makdissi, am Sonntag auf einer Pressekonferenz in Damaskus. Vielmehr hätten „bewaffnete Gruppen“ den Ort mit Panzerfäusten und Mörsern angegriffen. Die Staatsmedien behaupteten, das Massaker sei das Werk von „Al-Qaida-Terroristen“.

Der Chef der UN-Beobachtermission in Syrien, Robert Mood, bezeichnete den Vorfall als „Tragödie sondergleichen“. Sein Team sei über das Gesehene „schockiert und bestürzt“, sagte er im Nachrichtensender Al-Dschasira. Zugleich vermied er es, von einem Massaker zu sprechen. „Es ist noch zu früh, die genauen Umstände zu bestimmen, die zu diesen tragischen Tötungen führten.“ Erst wenn er im Besitz aller beweiskräftigen Erkenntnisse sei, werde er die entsprechenden Schlussfolgerungen in einem Bericht formulieren.

Hillary Clinton: "Herrschaft durch Mord und Angst muss ein Ende haben"

Der Syrische Nationalrat rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. „Wenn die internationale Gemeinschaft, die vom Weltsicherheitsrat repräsentiert wird, ihrer Verantwortung nicht gerecht wird, dann müssen wir uns auf die Befreiungsschlacht vorbereiten“, sagte der SNC-Vorsitzende Burhan Ghaliun in Istanbul. Die Opposition müsse über einen bewaffneten Befreiungskampf nachdenken.

Westliche Politiker zögerten nicht, klar mit dem Finger auf das Regime in Damaskus zu zeigen. US-Außenministerin Hillary Clinton forderte in einer Erklärung die internationale Gemeinschaft auf, den Druck auf Assad und „seine Spießgesellen“ zu erhöhen. „Deren Herrschaft durch Mord und Angst muss ein Ende haben“, forderte Clinton.

„Es ist schockierend und empörend, dass das syrische Regime seine brutale Gewalt gegen das eigene Volk nicht einstellt“, hieß es in einer Erklärung von Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Auch die Außenminister Großbritanniens, William Hague, und Frankreichs, Laurent Fabius, schlossen sich den Verurteilungen an.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der Syrien-Sondergesandte von UN und Arabischer Liga, Kofi Annan, verurteilten in einer gemeinsamen Stellungnahme in New York das „schreckliche und brutale Verbrechen“ scharf. Annan wird an diesem Montag erneut in Damaskus erwartet. Die Arabische Liga wird sich am Samstag mit der Lage in Syrien befassen.

„Die Internationale Gemeinschaft muss mit einer Stimme sprechen und ein Ende des Blutvergießens fordern“, schrieb die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in einer am Sonntag in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Gemeinsam müsse Assad zum Abgang gedrängt werden, um eine „demokratische Wende“ zu ermöglichen.

US-Präsident Barack Obama schwebe in Syrien ein politischer Übergang wie im Jemen vor, schrieb die „New York Times“. Sein Plan sehe vor, dass zumindest zeitweise „Überreste“ des Assad-Regimes an der Macht bleiben könnten, berichtete die Zeitung unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsbeamte. Im Jemen hatte Langzeitpräsident Ali Abdullah Salih nach monatelangen Protesten die Macht Ende 2011 an seinen Stellvertreter Abed Rabbo Manur Hadi abgegeben, der später durch Wahlen im Amt bestätigt wurde.

In Syrien unterdrückt das Assad-Regime seit fast 15 Monaten mit brutaler Gewalt eine anfangs friedliche Protestbewegung, die inzwischen stellenweise in einen bewaffneten Aufstand umgeschlagen ist. Mehr als 10 000 Menschen kamen bereits ums Leben. (dapd/dpa)

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