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Politik: Auftritt mit verteilten Rollen

Leyen soll die CDU für junge Frauen wählbar machen – Kauder den soliden Konservativen geben

Von Robert Birnbaum

Berlin - Am Mittwoch haben sie mal miteinander geredet, der Unionsfraktionschef und die Bundesfamilienministerin. Das war zweifelsfrei nötig geworden. Seit der Koalitionsrunde am Montagabend steht Volker Kauder im Ruf des obersten Ausbremsers, wenn es um das Kinderkrippenprojekt der Kollegin Ursula von der Leyen geht. Bei dem Gespräch in Kauders Büro nach der Bundestagsdebatte zur Krippenfrage ist es, glaubt man Berichten aus dem Umfeld der Beteiligten, aber ganz friedlich zugegangen. Kauder hat versichert, dass er nicht gegen mehr Kinderkrippen sei, auch nicht gegen mehr als die noch von Rot-Grün beschlossene Aufstockung um 230 000 Betreuungsplätze bis 2010. Nur müsse, wer mehr wolle, auch übers Geld reden. Was Leyen als durchaus legitime Frage zugestanden hat. „Alle sind auf der Sachebene angekommen“, kommentiert ein Christdemokrat.

Das stimmt, stimmt aber wieder auch nicht. Man kann das an einer Meldung der „Passauer Neuen Presse“ erkennen, in der davon die Rede ist, dass Angela Merkel ihre Ministerin habe wissen lassen, sie sei „stinksauer“ auf den Fraktionschef. Außerdem habe die Kanzlerin Leyen bedeutet, sie möge ruhig so weitermachen wie bisher. Letzteres stimmt: Leyen ist, das bestätigen alle, die es wissen müssen, von Merkel ausdrücklich ermutigt worden, in ihrem Kurs fortzufahren.

Ersteres stimmt wahrscheinlich auch, kann aber nicht ganz wahr sein. Denn unstreitig hat die Koalition unter Merkels aktiver Beteiligung beschlossen, erst mal in einer Konferenz mit Ländern und Kommunen den tatsächlichen Bedarf an Kleinkinderbetreuung zu ermitteln. In der Runde kamen sogar Details wie ein Kriterienkatalog zur Sprache. Schwer zu bestreiten ist, dass das als Misstrauenserklärung an Leyen ankommen musste, die den Bedarf längst auf 750 000 Plätze bis spätestens 2013 beziffert hatte. Kauder habe durch seine Wortwahl diese Interpretation erst ausgelöst, lautet nach Angaben aus Koalitionskreisen nun Merkels Vorwurf.

Aber die Kanzlerin hat in der Montagsrunde ein Vorgehen gebilligt, das – egal, wie man es formuliert – hinter Leyens Zielmarke erst einmal ein Fragezeichen setzt. Dass die Kanzlerin ihre Rolle im Nachhinein milder dargestellt wissen will, dürfte Teil eines Doppelspiels sein, das auch CDU-intern als Auftritt mit verteilten Rollen gedeutet wird. Der Kanzlerin ist es recht, wenn ihre Familienministerin das SPD-Thema „Kinder und Familie“ kapert und die Union für jüngere Frauen wählbar macht. Der CDU-Vorsitzenden kann es zugleich nicht ganz unangenehm sein, wenn Kauder sich gelegentlich darauf besinnt, dass er einen Ruf als aufgeschlossener, aber solider Konservativer hat.

Erleichtert wird dies Spiel dadurch, dass sich die Regierungschefin der Sorge ihres Fraktionschefs ums Geld nicht verschließen kann. Eine gesicherte Finanzierungsidee für Leyens Pläne ist in der Union weiter nicht in Sicht. Edmund Stoibers Vorschlag, den Gegenwert eines halben Mehrwertsteuerpunkts für Krippen einzuplanen, wird in der Fraktion verworfen – Kauder sieht ohnehin die Länder in der Pflicht. Etliche Länder sehen das anders. Leyens Unterstützer warnen davor, die Geldfrage zur entscheidenden zu erklären. „Die Haushaltspolitiker drängen zu Recht auf Haushaltsdisziplin“, sagt JU-Chef Philipp Mißfelder dem Tagesspiegel. „Aber wir dürfen das wichtige Projekt der Kinderbetreuung jetzt nicht an der Finanzierung scheitern lassen.“

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