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Politik: Aus dem Hinterhalt

Der Überfall auf einen deutschen Botschaftskonvoi löst eine Diskussion über den Einsatz der GSG 9 im Irak aus

Von Matthias Meisner

KEINE ENTSPANNUNG IM IRAK

Deutsche Sicherheitskräfte hatten offenbar Hinweise auf mögliche Angriffe auf den deutschen Konvoi, der vor eineinhalb Wochen nahe dem irakischen Falludscha in einen Hinterhalt geraten war. In Sicherheitskreisen hieß es am Samstag, ein entsprechender „Focus“-Bericht sei „plausibel“. Die GSG 9 werde demnach bei ihren Einsätzen regelmäßig auf die Gefahrenlage hingewiesen und erhalte „relativ gute Einschätzungen“. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte indes, nach derzeitiger Untersuchungslage könne nicht bestätigt werden, dass der Konvoi vor der Todesfahrt mehrfach gewarnt worden sei.

Zwei der fünf GSG-9-Beamten, die den Konvoi von Amman nach Bagdad begleiteten, waren bei dem Überfall höchstwahrscheinlich ums Leben gekommen. Noch immer zögern die Behörden mit der offiziellen Bestätigung: Die Leichen konnten noch immer nicht geborgen werden. Laut „Focus“ hatten Mitarbeiter sowohl von jordanischen wie auch von deutschen Nachrichtendiensten schon in Amman von der Reise abgeraten. Der Botschaftskonvoi sei dann von Streckenposten an der gesperrten Autobahn vor Falludscha noch einmal gewarnt worden. Dennoch habe die Kolonne ihre Fahrt über eine Nebenstrecke fortgesetzt. Womöglich wurden auch alternative Reisemöglichkeiten nicht ausreichend geprüft. Spiegel-TV zitierte Herbert Bürgler von der Royal Jordanien Airlines mit der Aussage, auf der Strecke Amman-Bagdad nutze regelmäßig bewaffnetes Personal die Route: Die Waffen kämen dann in den Frachtraum.

Der „Spiegel“ berichtete, auch die anderen drei GSG-9-Männer seien nur knapp dem Tod entgangen. Ihr gepanzerter Mercedes sei so stark beschädigt worden, dass sie ihn unmittelbar, nachdem sie den Freischärlern entkommen waren, aufgeben mussten, berichtete das Magazin. Die drei Beamten seien mit einem der jordanischen Sammeltaxis, die den Transport begleiteten, zur deutschen Botschaft in Bagdad weitergefahren. Laut „Focus“ hat der Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Bagdad, Claude-Robert Ellner, selbst vor der Abreise des Botschaftskonvois kurzfristig entschieden, nach Bagdad zu fliegen, und die GSG-9-Leute „angewiesen, alsbald mit den Autos zu folgen“.

Der Überfall löste auch innerhalb der Sicherheitsdienste neue Debatten aus. Formal ist die dem Bundesgrenzschutz unterstellte GSG 9 im Irak nur für den Objektschutz zuständig – andererseits ist sie für ein Krisengebiet wie Irak anders trainiert als das für den Personenschutz der Diplomaten eigentlich ständige Bundeskriminalamt. Das Botschaftspersonal dringt auf den Schutz durch GSG-9-Beamte, die ihnen „auch psychologisch größere Sicherheit“ versprechen, verlautete aus Sicherheitskreisen. Laut „Focus“ gibt es in der GSG-9-Zentrale in St. Augustin bei Bonn Verbitterung über die Entscheidung des Innenministeriums, mehrere zum Austausch vorgesehene Sicherheitsbeamte vorerst in Bagdad zu belassen.

Dass die Autobahn von Amman nach Bagdad besonders gefährlich ist, war bekannt, längst bevor Falludscha zur Hochburg von Aufständischen wurde. Schon im Frühjahr 2003, als Deutschland seine Botschaft in Bagdad wieder öffnete, war ein Diplomatenkonvoi überfallen worden. Es kam zu Schießereien, bei denen aber niemand verletzt wurde. Eine im Irak tätige Sicherheitsfirma berichtete damals über die Attacke. Demnach waren schon GSG-9-Beamte beteiligt. Seinerzeit hatte eine Sprecherin des Innenministeriums den Einsatz der GSG 9 im Irak noch bestritten: „Die GSG 9 operiert nur als Einheit und ist im Irak zurzeit nicht aktiv.“

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