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Politik: „Ausgleich ist eine Generationenfrage“

Kurt Biedenkopf plädiert für eine zukunftsorientierte Sozialpolitik

Wohin hat sich die CDU inzwischen entwickelt? Ist die Partei immer noch der Kanzlerwahlverein früherer Jahre? Und ist sie zu wirtschaftsliberal geworden, wie manche kritisieren?

Die CDU hat die Qualität eines Kanzlerwahlvereins schon in den 70er Jahren verloren, als sich die Mitgliederzahl auf etwa 600000 verdoppelte. Und sie lässt sich nicht auf bestimmte Begriffe reduzieren. Sie ist als Volkspartei gegründet worden, die mehrere Strömungen integriert hat, und das ist sie geblieben. Ich teile auch nicht die Kritik, die Partei habe neoliberale Züge angenommen. Immerhin hat sie die Politik mitgetragen, die zu einem der aufwändigsten Sozialsysteme geführt hat.

Wie sozial muss die CDU heute noch sein? Teilen Sie die Forderung von CSU-Chef Edmund Stoiber nach harten Schnitten im Sozialen?

Begriffe wie harte Schnitte gehören nicht zu meinem Vokabular. Aber es ist klar, dass das Sozialsystem, das beide Volksparteien geschaffen haben, uns heute überfordert. Die CDU muss daher nach Wegen suchen, wie man durch Begrenzungen in diesem Sozialsystem auch der nächsten Generation die Chance erhält, ihr Leben in ähnlicher Freiheit zu gestalten wie die Generation ihrer Eltern. Wenn die CDU erfolgreich sein will, muss sie die Kraft und den Mut haben, soziale Gerechtigkeit nicht nur in der Gegenwart zu gestalten, sondern einen sozialen Ausgleich auch zwischen den heute Aktiven und der nächsten Generation zu erreichen. Es geht darum, auch Politik für unsere Enkel zu machen. Das ist weder konservativ noch neoliberal.

Die CDU hat sich immer als Europapartei gesehen. Welche Rolle aber spielt das Nationale?

Es hat immer eine Rolle gespielt. Das Nationale sind die Interessen Deutschlands. Und hier war es die Grundposition der CDU von Konrad Adenauer über Helmut Kohl bis hin zu Angela Merkel, dass Deutschland seine Friedenssicherung nur in einem integrierten Europa findet. Unser nationales Interesse also liegt in diesem integrierten Europa.

Das Gespräch führte Albert Funk.

Kurt Biedenkopf (75) hat die CDU als Generalsekretär von 1973 bis 1977 umgestaltet. Sein Interesse galt immer der Modernisierung des Sozialstaats – hier folgte ihm die Partei nur zögernd.

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