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Politik: Auskunft verlangt – Daten gelöscht Journalisten in Niedersachsen überwacht

Hannover - Seit Jahren berichtet die freie Journalistin Andrea Röpke bundesweit für mehrere Medien über die Umtriebe der rechten Szene. Das hat ihr nicht nur den Hass der Neonazis eingebracht, sondern auch den niedersächsischen Verfassungsschutz auf den Plan gerufen.

Hannover - Seit Jahren berichtet die freie Journalistin Andrea Röpke bundesweit für mehrere Medien über die Umtriebe der rechten Szene. Das hat ihr nicht nur den Hass der Neonazis eingebracht, sondern auch den niedersächsischen Verfassungsschutz auf den Plan gerufen. Von 2006 bis 2012 sammelte die unter Aufsicht des damaligen CDU-Innenministers Uwe Schünemann stehende Behörde eifrig Daten über die unbequeme Autorin. Als diese Verdacht schöpfte und im Februar 2012 über ihren Göttinger Anwalt Sven Adam ein Auskunftsbegehren bei dem Geheimdienst stellte, drückte das Amt kurzerhand den Löschknopf. Am 18. April 2012 teilte es dann dem Anwalt lapidar mit, „dass in der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde zu Ihrer Mandantin weder eine Akte geführt wird noch Angaben in Dateien gespeichert sind“.

Für den amtierenden Innenminister Boris Pistorius (SPD) ein klarer Fall von Vertuschung. „Das war eindeutig falsch und rechtswidrig“, erklärte Schünemanns Nachfolger am Mittwoch in Hannover. Und es war kein Einzelfall. Mindestens sechs weitere Journalisten, die der Verfassungsschutz aufgrund ihrer Publikationen offenbar dem linken Spektrum zuordnete, landeten ebenfalls in den Dateien der Behörde. Deren Inhalte wurden inzwischen auf Anordnung der neuen Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger gelöscht, die Betroffenen –darunter auch ein Berliner Journalist, der unter anderem für die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt – persönlich über die Vorgänge informiert.

Immerhin: Laut Brandenburger wurden die Betroffenen weder abgehört noch heimlich observiert. Auch seien auf sie keine Spitzel angesetzt worden. „Die Speicherung hat keine Folgen gehabt“, versicherte die Präsidentin. Allerdings wollte sie nicht ausschließen, dass anderen Behörden bei Nachfragen für sicherheitsrelevante Bereiche entsprechende Auskünfte erteilt worden seien. Die ersten illegalen Fälle seien ihr bei Stichproben im April kurz nach ihrem Amtsantritt aufgefallen, berichtete die frühere Pressesprecherin des Verfassungsschutzes. Von dem Vertuschungsversuch bei Röpke habe sie von einem Mitarbeiter erfahren.

Brandenburger erklärte, dass jetzt alle beim Verfassungsschutz erfassten rund 9000 Datensätze auf ihre rechtmäßige Speicherung überprüft würden. Bereits jetzt gebe es Anhaltspunkte, dass weitere Personen illegal in den Akten geführt würden. Die Verfassungsschutzchefin kündigte eine umfangreiche Überprüfung der Vorgänge in ihrer Behörde an. Dabei soll insbesondere geklärt werden, ob die Überwachung der Journalisten auf Anordnung oder Billigung von Schünemann erfolgt sei. Peter Mlodoch

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