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Wie geht es weiter? Vor der Klausurtagung der FDP-Bundestagsfraktion hatten sich führende Vertreter der Partei hinter Westerwelle gestellt.

© dpa

Außenminister: Diskussion um Westerwelle vorerst beendet

Die FDP-Spitze will Guido Westerwelle im Amt halten – vorerst. Debatten um den angeschlagenen Außenminister sollen die Wahlkämpfe in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin nicht weiter überschatten.

Von Antje Sirleschtov

Als Guido Westerwelle am Dienstagnachmittag das Schlosshotel in Bensberg bei Bergisch-Gladbach betrat, wo die FDP-Fraktion zu einer dreitägigen Klausurtagung zusammenkam, war die Entscheidung bereits gefallen: Der Versuch, den umstrittenen Außenminister im Handstreich als Ursache für den ausbleibenden Erfolg seiner Partei zu identifizieren und aus dem Amt zu treiben, ist gescheitert. Westerwelle bleibt Außenminister, vorerst jedenfalls. In dünnen Worten stellte FDP-Chef Philipp Rösler fest, die Debatte um die Zukunft von Außenminister Guido Westerwelle sei beendet. Das Führungsteam der FDP bestehe aus der Spitze von Partei, Fraktion und den Regierungsmitgliedern, und zwar in der jetzigen Zusammensetzung. „Und das wird auch so bleiben.“ Zugleich machte Rösler deutlich, wer in der Partei das Sagen hat. Er habe in der Libyen-Debatte den Kurs vorgegeben. „Und der Bundesaußenminister ist dieser Linie klar gefolgt.“

Was in den Tagen zuvor und vor allem an diesem Dienstagmorgen geschehen war und letztlich in diesem Auftritt des FDP-Vorsitzenden Rösler mündete, kann man durchaus als missglückten Versuch der neuen Parteiführung verstehen, einen Missliebigen aus den eigenen Reihen, nämlich den früheren Parteivorsitzenden Westerwelle, loszuwerden. Wobei weder Philipp Rösler noch sein Generalsekretär Christian Lindner einem solchen Ansinnen durch öffentliche Stellungnahmen Ausdruck verliehen haben.

Ganz im Gegenteil: Schon wenige Tage nach Bekanntwerden des Zerwürfnisses zwischen Rösler und Westerwelle wegen dessen Weigerung, die Leistungen der Nato-Eingreiftruppe in Libyen zu würdigen, also Mitte vergangener Woche, beteuerte der FDP-Chef, eine Debatte um die Ablösung des Außenministers entbehre jeder Grundlage. Ein Namensbeitrag des Außenministers in der „Welt am Sonntag“, in dem er die von ihm erwartete Würdigung aussprach, galt als Grund dafür.

Gleichwohl wurde, quasi parallel dazu, im Umfeld der Parteispitze der Eindruck erzeugt, Westerwelle habe sich tagelang halsstarrig den Argumenten des Vizekanzlers in der Libyen-Angelegenheit versperrt und schade damit auch noch dem Ansehen der FDP, die in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin gerade um ihr politisches Überleben kämpfen muss. Überlegungen wurden laut, man verzichte nur noch aus Rücksicht auf die im Nordosten und der Bundeshauptstadt wahlkämpfenden Liberalen auf eine Abrechnung mit Westerwelle. Sollte die FDP in beiden Landtagswahlen aus den Parlamenten fliegen, werde man diese aber nachholen. Gerüchte, die am Montag aufkamen, wonach Westerwelle selbst über einen Rücktritt nachdenke, konnten in ihrer Herkunft nicht identifiziert werden und wurden vom Sprecher des Auswärtigen Amtes prompt zurückgewiesen.

Wie die Debatte um Westerwelle den Landtagswahlkampf stört, lesen Sie auf der nächsten Seite

An diesem Dienstagmorgen nun gipfelte das liberale Versteckspiel in einem Bericht der „Rheinischen Post“ über eine Vertrauensabstimmung, die Westerwelle in der Fraktion erwirken wolle, um dort quasi die Machtfrage zwischen ihm und dem jungen neuen Führungsteam zu stellen. Eine solche Entscheidung hätte nicht nur die Fraktion empfindlich verstört. Schließlich hätten sich 93 Abgeordnete, von denen mindestens die Hälfte ohne Westerwelle nie in den Bundestag gelangt wäre, ad hoc für oder gegen den Mann stellen müssen.

Die Abstimmung, wäre sie zustande gekommen, hätte die ganze Partei zerreißen können. Denn was wäre passiert, wenn Westerwelle die Mehrheit der Fraktionäre hinter sich geschart hätte? Das Umfeld des Außenministers dementierte rasch das Gerücht, Westerwelle strebe eine derartige Abstimmung an. Und Fraktionschef Rainer Brüderle stellte unmissverständlich klar, dass er nicht vorhabe, die Klausurtagung seiner Fraktion zum öffentlichen Schauplatz der Debatte um eine Spitzenpersonalie zu machen. Offen blieb bis zuletzt, woher das Gerücht von der Vertrauensfrage stammt.

In der Partei selbst löste das Gerangel um Guido Westerwelle sogar eine Bewegung in dessen Sinn aus. Nicht nur Westerwelles Landesverbandschef Daniel Bahr, eigentlich Teil von Röslers Boygroup, fühlte sich verpflichtet, Westerwelle öffentlich zu unterstützen und ein Ende der Debatte um ihn zu fordern. Auch die Wahlkämpfer der FDP in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern forderten von der Parteispitze ein Ende der Debatte. Schließlich wollen sie in der Endphase ihres Wahlkampfes inhaltlich argumentieren und nicht darüber streiten, ob Westerwelle ein guter Außenminister ist und deshalb im Amt bleiben soll oder eben nicht. Der Fraktionschef im Schweriner Landtag, Michael Roolf, brachte das Dilemma auf den Punkt: Er warf der Parteiführung vor, sie betreibe „offensichtlich die Fortsetzung eines unwürdigen Ränkespiels“, das bereits im Frühjahr zu besichtigen war – und nehme damit einen weiteren „Nackenschlag“ bei einer Landtagswahl hin.

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