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Johann Wadephul CDU, Bundesaussenminister, reist nach Madrid und Lissabon. Hier bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Aussenminister von Spanien. Madrid, 26.05.2025.

© IMAGO/AA/Thomas Imo

Update

Außenminister Wadephul gegen Waffenembargo: „Wir bleiben in unserer Kritik und in unseren Aufforderungen an Israel eindeutig“

Außenminister Wadephul spricht sich gegen ein Waffenembargo für Israel aus. Mehrere SPD-Abgeordnete forderten zuvor ein Ende deutscher Waffenexporte.

Stand:

Nach dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein und dem außenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), hat nun auch Außenminister Johann Wadephul (CDU) die Forderung einiger SPD-Bundestagsabgeordneter zurückgewiesen, Waffenlieferungen an Israel wegen des Vorgehens im Gazastreifen zu stoppen.

Außenminister Johann Wadephul kritisiert das israelische Vorgehen im Gazastreifen scharf, schließt sich aber einem von Spanien geforderten Waffenembargo wegen der dramatischen humanitären Lage vor Ort nicht an. „Niemand sagt, dass die jetzige Situation akzeptabel ist und länger hingenommen werden könnte. Auch Deutschland nicht“, sagte der CDU-Politiker bei einem Treffen mit seinem spanischen Amtskollegen José Manuel Albares in der Hauptstadt Madrid.

Spanien setzt sich für ein internationales Waffenembargo im Nahen Osten ein. Albares sagte, die Initiative seines Landes ziele darauf ab, „dass immer mehr Länder sich anschließen, damit im Nahen Osten der Frieden zurückkehrt“. Mehr Waffen seien „das Letzte, was die Region derzeit braucht“. Man dürfe den Gazastreifen „nicht in einen riesigen Friedhof verwandeln“. Der Minister der linksgerichteten Regierung betonte: „Nichts, was Spanien vorschlägt, richtet sich gegen den Staat Israel.“

Deutschland und Spanien pochen auf Zweistaatenlösung

Wadephul appellierte dringend an die israelische Regierung und die islamistische Hamas, den Konflikt auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Wie Albares verlangte er erneut eine Zweistaatenlösung, bei der Israel und Palästinenser friedlich nebeneinander leben. Eine solche Lösung lehnen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie die Hamas ab.

Von der israelischen Regierung forderte Wadephul: „Es darf keine Vertreibung aus dem Gazastreifen geben. Es darf auch keine Politik des Aushungerns geben.“ Vielmehr müssten die Menschen im Gazastreifen ausreichend mit Hilfs- und humanitären Gütern versorgt werden. Die Situation dort sei derzeit zwar „etwas besser geworden, wenn auch noch nicht ausreichend. Da bleiben wir in unserer Kritik eindeutig und in unseren Aufforderungen an Israel auch eindeutig.“

Israels Premier Netanjahu hatte zuletzt die Einnahme des gesamten Gazastreifens angekündigt. Israels Militär plant übereinstimmenden Medienberichten zufolge innerhalb weniger Wochen die Einnahme von drei Vierteln des abgeriegelten Gazastreifens. Den Plänen zufolge werde es nur zwei Monate dauern, bis 75 Prozent des Küstengebiets erobert sind, berichtete die „Times of Israel“ unter Berufung auf das Militär. An Israels Vorgehen in dem Küstengebiet, wo rund zwei Millionen Palästinenser leben und täglich Dutzende Tote gemeldet werden, gibt es international massive Kritik.

Wadephul: Politisches und moralisches Dilemma

Angesichts der äußeren Gefahren für den Staat Israel betonte Wadephul aber auch, dessen Sicherheit bleibe deutsche Staatsraison. „Dazu gehört selbstverständlich für die Zukunft auch die Bereitschaft, Waffen zu liefern.“ Vor dem Hintergrund der humanitären Lage im Gazastreifen bedeute dies „natürlich ein großes politisches und moralisches Dilemma für uns“.

Wadephul wollte in Madrid auch den linken Ministerpräsidenten Pedro Sánchez treffen. Am Nachmittag war in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon ein Gespräch mit seinem dortigen Kollegen Paulo Rangel geplant.

Auch für den außenpolitischen Sprecher der CDU, Jürgen Hardt sei die Linie klar – Deutschland unterstütze Israel bei der Gewährleistung der eigenen Sicherheit. „Die Terrororganisation Hamas hat bislang weder alle Geiseln freigelassen noch ihren Raketenterror gegen Israel eingestellt“, sagte Hardt den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Er verwies außerdem auf die Bemühungen der europäischen Staaten zu einer gemeinsamen Position zu finden, die sowohl die Sicherheitsinteressen Israels berücksichtigt, als auch die „den humanitären Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort entspricht“.

Er forderte auch eine Aufklärung über die Absichten Israels, wie es mit dem Gaza-Streifen weitergehen soll. Die Lage der Zivilisten sei unerträglich. „Die israelische Regierung ist gefordert, humanitäre Güter in viel höherem Maßstab nach Gaza zu lassen und der internationalen Gemeinschaft zu erläutern, wie sie konkret eine palästinensische Zivilverwaltung ohne die Hamas aufbauen will.“

Deutsche Waffen dürfen nicht zur Verbreitung humanitärer Katastrophen und zum Bruch des Völkerrechts genutzt werden.

Adis Ahmetovic, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Von der Verteidigung Israels könne gegenwärtig keine Rede sein

Zuvor hatten einige SPD-Politiker den Stopp von Waffenlieferungen gefordert. „Deutsche Waffen dürfen nicht zur Verbreitung humanitärer Katastrophen und zum Bruch des Völkerrechts genutzt werden“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, dem „Stern“. „Deshalb fordern wir Netanjahus Regierung zur Bereitschaft zur Waffenruhe und Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.“

Sein Parteikollege Ralf Stegner sagte: „Die humanitäre Katastrophe für die palästinensische Zivilbevölkerung und der Bruch des Völkerrechts durch die Regierung Netanjahu müssen sofort beendet und dürfen nicht auch noch mit deutschen Waffen verlängert werden.“ Zwar habe die Bundesregierung für Israel aus guten Gründen eine Ausnahme von der Praxis gemacht, keine Waffen in Konfliktgebiete zu liefern. Die Waffen hätten der Sicherheit Israels und der Verteidigung gedient. „Davon kann gegenwärtig im Gazastreifen und im Westjordanland keine Rede sein.“ Hungersnot und Elend von palästinensischen Kindern hätten nichts mit dem Kampf gegen Terrorismus zu tun.

Der SPD-Politiker Ralf Stegner fordert ein Ende der Waffenlieferungen an Israel.

© dpa/Markus Scholz

Israel hatte nach einer zweimonatigen Waffenruhe am 18. März seine Angriffe im Gazastreifen wieder aufgenommen und die Militäreinsätze jüngst verstärkt. Am Wochenende waren nach Angaben des palästinensischen Zivilschutzes über 30 Menschen getötet worden, darunter Kinder.

Die SPD-Abgeordnete Isabel Cademartori warnte, dass sich Deutschland durch Waffenlieferungen an Israel an Kriegsverbrechen beteiligen könnte. „Dies könnte dazu führen, dass Deutschland selbst juristisch von internationalen Gerichten belangt wird“, sagte sie dem Magazin. Die Bundesregierung sollte daher die Waffenexporte begrenzen, insbesondere Panzermunition und -Ersatzteile dürften nicht mehr geliefert werden.

Linksfraktion begrüßt Rufe nach Stopp von Waffenlieferungen

Die Linksfraktion im Bundestag begrüßte die Forderungen aus der SPD nach einem Stopp der Waffenlieferungen an Israel. Dies sei angesichts der „humanitären Katastrophe“ im Gazastreifen und von „Völkerrechtsbrüchen“ Israels richtig, sagte der Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann am Montag der Nachrichtenagentur AFP.

Es sei „nicht mehr vermittelbar“, dass die Bundesregierung hier „nicht nur tatenlos zuguckt“, sondern Israel „auch noch mit der Lieferung diverser Waffen und Ersatzteile unterstützt“, sagte Pellmann.

Israel habe „selbstverständlich ein Recht, sich zu verteidigen“, betonte Pellmann. „Das steht gar nicht zur Debatte. Die israelische Armee muss sich dabei aber an das Völkerrecht halten.“ Es mache ihn „fassungslos, dass Lebensmittel und Medikamente nicht in ausreichendem Maße in den Gazastreifen geliefert“ würden und Netanjahu „20 Jahre nach dem Abzug wieder die Einnahme des gesamten Gazastreifens anstrebt“.

Waffenlieferungen an Israel müssten deshalb „sofort beendet werden“, sagte Pellmann. Deutschland und die EU müssten zudem „diplomatisch alles dafür tun, dass eine Zweistaatenlösung wieder auf die Tagesordnung kommt“.

Antisemitismusbeauftragter Klein gegen den Waffenstopp

Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein ist anderer Meinung. „Das halte ich nicht für den richtigen Weg“, sagte Klein am Montag dem „RBB“. Die israelische Regierung öffentlich an den Pranger zu stellen, werde diese „nicht beeindrucken“.

„Ich bin aber erfreut, dass es jetzt eine Debatte hierzulande gibt“, sagte Klein. Es sei wichtig, dass angesichts der schrecklichen Bilder aus dem Gazastreifen der Umgang mit Israel diskutiert werde und sich die deutsche Politik positioniere. „Wir müssen unterscheiden lernen zwischen Handlungen der israelischen Regierung und Israel als Ganzem, da gibt es große Unterschiede.“

Wir müssen unterscheiden lernen zwischen Handlungen der israelischen Regierung und Israel als Ganzem, da gibt es große Unterschiede.

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung

Damit könne zur Versachlichung der Debatte beigetragen werden, sagte der Antisemitismusbeauftragte. „Wir müssen mit den Israelis hinter verschlossenen Türen sprechen als Freunde und sie auf ihr Fehlverhalten hinweisen.“ Es müssten von Israel auch Konzepte eingefordert werden für die Zeit nach der kriegerischen Auseinandersetzung, betonte Klein.

Zuletzt waren die Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter in Deutschland zurückgegangen. Im ersten Quartal des Jahres lag der Wert der von der Bundesregierung erlaubten Ausfuhren nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bei 1,18 Milliarden Euro. Dabei lag Israel mit Exportgenehmigungen für 28 Millionen Euro auf Platz zehn. (dpa, AFP, Tsp)

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