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Politik: Ausstieg aus dem Ausstieg?

Union will mit Hilfe der Atomenergie die Abhängigkeit von Russland bei der Energieversorgung mindern

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Berlin - Unter dem Eindruck des russisch-ukrainischen Gasstreits haben Politiker von Union und Opposition gefordert, die Abhängigkeit Deutschlands von Russland bei der Energieversorgung zu mindern. CSU-Chef Edmund Stoiber unterstützte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, der eine Abkehr vom Atomausstieg gefordert hatte. Stoiber schlug am Dienstag in Wildbad Kreuth vor, den vor Jahren besiegelten Ausstieg aus der Atomenergie auf der Kabinettsklausur der großen Koalition Anfang kommender Woche zur Debatte zu stellen.

Die Vizechefin der Unionsfraktion Katherina Reiche (CDU) sagte, wenn der russische Präsident Wladimir Putin über die Temperatur in deutschen Wohnzimmern bestimme, sei dies „genauso wenig richtig wie die komplette Abhängigkeit vom Öl“. Sie betonte: „Einen kompletten Ausstieg aus der Kernenergie können wir uns nicht leisten.“ FDP-Fraktionsvize Werner Hoyer forderte für die Energieversorgung eine Diversifizierung im Hinblick auf Herkunftsländer und Energieträger. „Die Bundesregierung muss sich überlegen, wie sie die Versorgung dauerhaft sichert, ohne sich der Gefahr politischen Drucks oder gar der politischen Erpressung auszusetzen“, sagte Hoyer dem Tagesspiegel. Hoyer warnte, die neue Gaspipeline durch die Ostsee bringe „eine erhebliche Steigerung der Abhängigkeit Deutschlands von Russland“.

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wies am Dienstag Forderungen nach einer längeren Laufzeit für die deutschen Atomkraftwerke entschieden zurück. „Der Ausstieg aus der Atomenergie ist geltendes Recht“, sagte Gabriel in Berlin. Es gebe zudem gute Gründe dafür, ältere Anlagen zuerst stillzulegen. Doch auch Vertreter der erneuerbaren Energien sprachen sich für eine weitere Nutzung der Kernkraft aus. „Daran führt kein Weg vorbei“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Windkraftunternehmens Repower und frühere Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) dem Tagesspiegel. „Verlängerte Laufzeiten von fünf bis acht Jahren wären eine wichtige Brücke für die Erneuerbaren, um in dieser Zeit wettbewerbsfähig zu werden.“

Die Grünen fordern die Diversifizierung der Energieversorgung, lehnen den Stopp des Atomausstiegs allerdings ab. Fraktionschef Fritz Kuhn verlangte eine Parteinahme von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für die Ukraine im Gasstreit. „Ich fordere Frau Merkel auf, sich aktiv zu Gunsten der Ukraine einzusetzen“, sagte Kuhn dem Tagesspiegel. Nach den Versprechungen an die Ukraine im vergangenen Jahr gehe es nun um eine „Frage der politischen Glaubwürdigkeit“. Kuhn forderte Exkanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Verzicht auf den Posten des Aufsichtsratschefs bei der Ostsee-Pipeline auf: „Es ist nicht akzeptabel, dass sich ein Exkanzler zum Hilfsorgan des imperialen Geprotzes Russlands macht.“ Schröder sei „nicht Vermittler, sondern Büttel der Gasprom“.

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