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Update

Autobombe vor Kirche: Al-Qaida erklärt Christen den Krieg

Bei einem Anschlag auf Christen in Ägypten sind in der Silvesternacht mindestens 21 Menschen getötet worden. Jugendliche und Sicherheitskräfte lieferten sich nach dem Anschlag gewaltsame Auseinandersetzungen.

Nach einem verheerenden Autobombenanschlag im ägyptischen Alexandria, bei dem mindestens 21 Besucher eines christlichen Gottesdienstes getötet worden sind, wächst die Angst, dass muslimische Extremisten Christen im Nahen Osten systematisch ins Visier nehmen. Der britische Terrorexperte Magdi Abdelhadi sagte der BBC, das Attentat verstärke bei den Christen der Region das Gefühl, dass sie in Gefahr sind. Die Regierung in Kairo machte „ausländische Elemente“ für die Tat verantwortlich. Die Terrororganisation Al Qaida hatte „die hündische koptische Kirche“ vor zwei Monaten zum „legitimen Ziel“ erklärt, nachdem sie zuvor ein Massaker mit 58 Toten in der syrisch-katholischen Kathedrale in Bagdad angerichtet hatte. Kurz vor Silvester wurden in Bagdad zwei weitere Christen getötet. Erst vor einer Woche kündigte die Organisation „Islamischer Staat des Iraks“, ein Al-Qaida-Ableger, sogar Anschläge gegen Christen im gesamten arabischen Raum an. Der Sprengsatz in Alexandria war möglicherweise in einem vor der Allerheiligen-Kirche parkenden Auto deponiert. Er explodierte kurz nach Mitternacht, als die Besucher der Neujahrsmesse aus der Kirche kamen. In dem Gotteshaus befanden sich fast 1000 Menschen. Nach dem Anschlag versammelten sich hunderte Christen zu Protesten auf den Straßen. Vor allem jüngere unter ihnen scharten sich um ein paar Jugendliche, die aus Holzlatten schnell überlebensgroße Kreuze zusammengezimmert hatten, und riefen: „Unser Leben, unsere Seele geben wir für unser Kreuz!“ Steine flogen gegen die gegenüber gelegene Schark-al-Medina-Moschee. Sonderpolizei drängte die Menge mit Tränengas ab. Staatspräsident Hosni Mubarak sprach im Fernsehen von einem Anschlag gegen ganz Ägypten und rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Auch die höchste sunnitische Lehranstalt in Ägypten, Al Azhar, und die islamische Muslimbruderschaft verurteilten den Angriff einmütig. Da die Kopten erst kommende Woche traditionell ihr Weihnachtsfest feiern, wird dennoch mit einer weiteren Eskalation der Situation gerechnet. Die koptisch-orthodoxe Kirche gehört zu den ältesten Kirchen der Welt. In Ägypten sind ungefähr acht Millionen der rund 80 Millionen Einwohner Kopten. Sie fühlen sich gegenüber der muslimischen Bevölkerungsmehrheit diskriminiert, weshalb es seit langem immer wieder zu Spannungen zwischen den Religionsgruppen kommt. Der Anschlag und die neuen Drohungen dürften auch die Debatte um die Aufnahme christlicher Flüchtlinge in Europa neu anheizen. Schon nach dem Attentat im vergangenen Oktober auf die Kathedrale in Bagdad wurden Forderungen laut, wonach die EU Christen aus dem Nahen Osten bevorzugt Asyl gewähren sollte, da sie in ihren Heimatländern nicht mehr sicher sind. Deutschland hatte zudem bereits nach einem Beschluss der EU Ende 2008, 10 000 besonders bedrohten Flüchtlingen aus dem Irak Zuflucht in der Europäischen Union zu gewähren, vor allem Christen aufgenommen.

Am Samstag überwog jedoch zunächst die Empörung über das Attentat von Alexandria, das Politiker wie Kirchenvertreter gleichermaßen verurteilten. Papst Benedikt XVI. beklagte in seiner Neujahrspredigt die schwierige Lage von Christen in vielen Ländern und forderte mehr Schutz religiöser Minderheiten vor Intoleranz, Unterdrückung und Gewalt, ohne den Terroranschlag konkret zu erwähnen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, äußerte sich tief erschüttert und rief zum Gebet für die Opfer auf. Ähnliche Aufrufe gab es in anderen Ländern. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte: „Ich verurteile diesen Akt der Brutalität gegen Menschen, die bei einer Messe friedlich das neue Jahr begehen wollten, auf das Schärfste.“

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