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Bagdad: Zahl der Toten steigt auf über 200

Nach der verheerenden Bombenserie im Schiitenviertel Sadr City in Bagdad hat sich die Zahl der Todesopfer auf mehr als 200 erhöht. Unterdessen erwägt die radikale Gruppierung von Schiitenführer Moktada Sadr den Auszug aus der Regierung.

Bagdad - Mittlerweile gebe es 202 Tote und 256 Verletzte, teilten Ärzte mit. Vermutlich werde diese Zahl noch steigen, weil viele Menschen in Lebensgefahr schwebten. Dutzende Leichen wurden in einem Trauerzug unter Polizeischutz von Bagdad zu einem Massenbegräbnis in die Schiitenstadt Nadschaf gebracht. In der nördlichen Stadt Tall Afar wurden bei einer neuen Anschlagsserie mindestens elf Menschen getötet. Die Bewegung des radikalen irakischen Schiitenführers Moktada Sadr drohte unterdessen mit dem Rückzug aus der Regierung.

In den Krankenhäusern waren noch immer hunderte Angehörige auf der Suche nach Vermissten, die vermutlich bei der Anschlagserie am Donnerstag zu Tode kamen. Dutzende Leichen waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und sind noch nicht identifiziert. An einem der vier Anschlagsorte sammelten Anwohner Leichenteile ein, die in einem Grab beigesetzt wurden. Die Bombenserie vom Donnerstag war der schlimmste Anschlag auf die schiitische Bevölkerung seit dem Sturz des irakischen Präsidenten im Frühjahr 2003.

Am Freitag Straßen wie leergefegt

Aus Furcht vor Unruhen und weiteren Attentaten verhängte das Innenministerium eine Ausgangssperre für Bagdad, die am Donnerstagabend in Kraft trat. Am Freitag waren die Straßen der irakischen Hauptstadt wie leergefegt. Auch die Flughäfen von Bagdad und der südlichen Hafenstadt Basra blieben geschlossen, ebenso die Hafenanlagen im Süden des Landes. Für die trauernden Familienangehörigen der Opfer wurden Ausnahmen gemacht. Eine Polizeieskorte geleitete einen Trauerzug mit dutzenden Leichen ins 160 Kilometer südlich von Bagdad gelegene Nadschaf. In Sadr City wurden mehrere Trauerzelte aufgestellt, in denen Angehörige die Beileidsbekundungen von Freunden und Bekannten entgegen nahmen.

In Tall Afar rund 380 Kilometer nördlich von Bagdad zündeten Selbstmordattentäter am Freitag kurz hintereinander drei Bomben. Dabei wurden mindestens elf Menschen getötet und mehr als 40 weitere verletzt, wie der Bürgermeister Nadschm Abdallah sagte. Die Stadt verhängte eine Ausgangssperre.

Sadr-Gruppierung droht Auszug aus Regierung an

Die Bewegung des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr drohte unterdessen mit dem Auszug aus der Regierung und einem Boykott des Parlaments, falls sich die Sicherheitslage für die Schiiten nicht bessere. Zudem müsse Ministerpräsident Nuri el Maliki sein für kommende Woche geplantes Treffen mit US-Präsident George W. Bush in Jordanien absagen, erklärte die Organisation. Das Teffen zwischen Bush und Maliki war für den 29. oder 30. November angekündigt worden.

Die Regierung müsse ihre Beziehung zu den USA offenlegen. Offenbar machten die USA gemeinsame Sache mit Anhängern von Ex-Präsident Saddam Hussein, da die Bombenserie zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, da das Telefonnetz tot gewesen sei und die US-Armee Sadr City von der Luft aus überwacht habe, hieß es in der Erklärung weiter. In dem Stadtteil mit 2,5 Millionen Einwohnern, einer Hochburg von Anhängern Moktada Sadrs, werden häufig Anschläge und Gewalttaten verübt.

In einem Büro Sadrs in Baakuba zündeten Unbekannte am Freitag einen Sprengsatz. Verletzt wurde dabei niemand, wie die Polizei mitteilte. Wenige Stunden vor dem Angriff hätten irakische und US-Truppen das Gebäude durchsucht und fünf Wachen festgenommen. (tso/AFP)

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