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Politik: Bahn-Netz: Sparen - und an die Kunden denken

Finanzminister Hans Eichel (SPD) kann sich in diesem Sommer wirklich fühlen wie Hans im Glück. Die Steuerquellen sprudeln stärker als erwartet, die Versteigerung der UMTS-Lizenzen brachte ihm statt der vorsichtig erwarteten 20 Milliarden Mark stolze 99,4 Milliarden Mark in die Bundeskasse.

Finanzminister Hans Eichel (SPD) kann sich in diesem Sommer wirklich fühlen wie Hans im Glück. Die Steuerquellen sprudeln stärker als erwartet, die Versteigerung der UMTS-Lizenzen brachte ihm statt der vorsichtig erwarteten 20 Milliarden Mark stolze 99,4 Milliarden Mark in die Bundeskasse. Ein Ende der positiven Entwicklung ist nicht in Sicht. Der haushaltspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Oswald Metzger, rechnet allein für den Bund in diesem Jahr mit überplanmäßigen Steuermehreinnahmen von bis zu sieben Milliarden Mark - zusätzliches Geld, das verteilt werden könnte. Weitere 5,5 Milliarden Mark spart Eichel an Zinsen, wenn er, wie geplant die gesamten 99,4 Milliarden Mark UMTS-Einnahmen nutzt, um den Schuldenberg des Bundes abzutragen.

So große zusätzliche finanzielle Spielräume wecken Begehrlichkeiten. Beinahe täglich kommen neue Vorschläge, wofür die Milliarden verwendet werden könnten. Die Haushaltspolitiker der rot-grünen Koalition werden während einer gemeinsamen Klausur in der kommenden Woche darüber beraten. Dabei wollen sie Eichel nicht nur in seiner Sparpolitik unterstützen, sondern den Druck zum Sparen sogar noch verstärken. "Würden wir jetzt die Schleusen öffnen, wäre der Nimbus des sozialdemokratischen Finanzministers, ein Konsolidierer zu sein, schnell hinüber", warnt Metzger. Deswegen will er nicht nur die UMTS-Milliarden in die Schuldentilgung stecken, sondern auch einen großen Teil der daraus folgenden Zinsersparnisse und der Steuermehreinnahmen. "Wir dürfen aufgrund der verbesserten Konjunktur und der überplanmäßigen Einnahmen nicht den Reformdruck verringern, sondern müssen vielmehr mit den zusätzlichen Spielräumen die Konsolidierung verstärken", fordert Metzger. Zum ersten Mal seit 30 Jahren werde der Bund eine echte Nettotilgung leisten, also den Schuldenberg abbauen. Für den Grünen-Politiker bleiben allenfalls drei Milliarden Mark, die er zusätzlich für Investitionen aufwenden will: Mit zwei Milliarden Mark soll das Schienennetz der Bahn saniert werden, mit einer halben Milliarde Mark will Metzger die Altbausanierung fördern, und für Forschung und Infrastrukturmaßnahmen in Ostdeutschland "können noch weitere 0,5 Milliarden Mark eingesetzt werden".

"Der verbleibende Betrag wird zur weiteren Reduzierung der Gesamtausgaben verwendet", kündigt Metzger an. So möchte er die im Haushaltsentwurf für 2001 geplante Neuverschuldung von 46,1 Milliarden Mark auf unter 45 Milliarden Mark drücken. 2002 soll sie dann unter 40 Milliarden Mark liegen. Metzger erinnert daran, dass der Bund nach Eichels Planungen erst 2006 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen kann. Von 2001 bis 2005 sind in der Finanzplanung immer noch rund 145 Milliarden Mark für zusätzliche neue Schulden vorgesehen. Die zwei Milliarden Mark, die der Bund nach Ansicht Metzgers für die Sanierung des Schienennetzes zusätzlich geben soll, will die Koalition an Bedingungen knüpfen. Die Bahn soll als Gegenleistung "etwas tun, um ihre Personalkosten in den Griff zu bekommen", fordert er. Gleichzeitig will die Koalition der Bahn auch bei Fernfahrkarten den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent einräumen - wenn die Verbilligung über den Fahrpreis an die Kunden weitergegeben wird.

Metzger will nicht, dass wegen der günstigen Entwicklung der Steuereinnahmen jetzt weitere Steuersenkungen beschlossen werden. "Bereits im kommenden Jahr belaufen sich die Entlastungen auf 45 Milliarden Mark", sagt er und zeigt sich erstaunt, dass die Bürger Umfragen zufolge in ihrer großen Mehrheit immer noch glauben, dass die vor der Sommerpause beschlossene Steuerreform sie eher be- als entlastet. Warum also nicht, wie aus der Union gefordert, schon im kommenden Jahr den Solidaritätszuschlag oder insgesamt die Steuern weiter senken, wo doch genügend Geld da zu sein scheint? "Eine solche wirtschaftspolitisch unvernünftige Steuerpolitik würde zu einer Erosion der Steuerbasis führen und die Einnahmestruktur des Bundeshaushalts dauerhaft destabilisieren", warnt Metzger.

Carsten Germis

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