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Politik: Baker drängt zu Teilrückzug aus dem Irak

Bush lobt Arbeitsgruppe des Ex-Außenministers und will „in angemessener Zeit“ reagieren

Die überparteiliche Baker-Kommission hat in ihrem Abschlussbericht eine schonungslose Analyse der Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush gezogen und eine grundlegende Neuorientierung verlangt. Wenn sich die Lage im Irak weiter verschlechtere, drohten „der Kollaps der irakischen Regierung und eine humanitäre Katastrophe“, heißt es in dem am Mittwoch in Washington vorgestellten Bericht. Die Kommission unter Vorsitz von Ex-Außenminister James Baker warnt in dem Gutachten davor, dass sich die Irak-Krise zu einem Regionalkonflikt auswächst, in dem das Terrornetzwerk Al Qaida einen „Propagandasieg“ erringen könnte. Bush sagte zu, die Empfehlungen der Kommission gründlich zu prüfen.“

Die 142-seitige Studie empfiehlt einen Rückzug der US-Kampftruppen bis 2008 sowie Verhandlungen der USA mit dem Iran und Syrien. Bush lehnt bislang direkte Kontakte mit Iran und Syrien ab, die er zur „Achse des Bösen“ zählt. Darauf angesprochen, sagte Baker: „Man spricht auch mit seinen Feinden, nicht nur mit seinen Freunden.“ Die Kommission schlägt ausdrücklich vor, keine Vorbedingungen für einen solchen Gipfel zu stellen. Die Kommission empfahl zudem neben den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates unter anderem die Teilnahme Deutschlands an einer diplomatischen Initiative zur Unterstützung der wirtschaftlichen und politischen Konsolidierung des Iraks.

Der Baker-Bericht war mit Spannung erwartet worden. „Wir wissen nicht, ob wir die Lage zum Besseren wenden können, aber wir haben eine Verpflichtung, es zu versuchen“, sagte der demokratische Kongress-Abgeordnete Lee Hamilton bei der Vorstellung. Hamilton stand zusammen mit Baker der Irak-Arbeitsgruppe vor, die in 79 Punkten aufzählt, was zu tun sei, um zu retten, was noch zu retten ist. „Es wird ein enormer politischer Wille nötig sein“, sagte Baker, die Entscheidungen müssten „mit großer Dringlichkeit getroffen werden“. Die Politik der Bush-Regierung sei gescheitert, fügte Hamilton an. Bush betonte bei seinem Treffen mit der Gruppe gleich viermal, dass er ihre Vorschläge „sehr ernst nehmen“ werde. Es handle sich um eine „sehr harte Analyse der Lage im Irak“, er werde „in angemessener Zeit“ reagieren.

Welche Teile des Reports das Weiße Haus am Ende umsetzt und wie schnell, ist offen. Wer der Verfechter des neuen Kurses sein wird, steht dagegen schon fest. Der ehemalige CIA-Direktor Robert Gates beeindruckte die Senatoren bei der Anhörung im Streitkräfte-Komitee so sehr, dass sie am späten Dienstagabend einstimmig für seine Berufung zum neuen Pentagon-Chef votierten. Die Bestätigung des Mannes, der bis vor kurzem ebenfalls der Baker-Kommission angehörte, durch den kompletten Senat war damit nur noch Formsache. Gates hatte unter anderem auf die Frage, ob die USA den Krieg im Irak gewönnen, geantwortet: „No, Sir.“ Später relativierte er seine Aussage, sie beziehe sich auf den politischen Teil des Krieges, doch die Senatoren priesen die Offenheit und Unabhängigkeit von Gates.mit dpa/AFP

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