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Beckstein

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Bayern: "Beckstein hat wohl einen über den Durst getrunken"

Ministerpräsident Günther Beckstein sieht kein Problem darin, sich nach dem Genuss von zwei Litern Bier hinters Steuer zu setzen. Bei der Drogenbeauftragten der Bundesregierung stößt seine Äußerung auf wenig Gegenliebe. Wir werben für einen "maßvollen Genuss von Alkohol", sagte sie. Der ADAC bezeichnete die Aussage von Beckstein als "Unsinn".

Maß halten hat in Bayern offenbar eine etwas andere Bedeutung. Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) hält Autofahren nach zwei Litern Bier für vertretbar. "Wenn man die zwei Maß in sechs, sieben Stunden auf dem Oktoberfest trinkt, ist es noch möglich", sagte Beckstein dem Bayerischen Rundfunk am Dienstag in München.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, befindet: "Beckstein hat wohl einen über den Durst getrunken." Zwei Liter Bier überschreiten ihr zufolge die Trinkmengenempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) um das Dreifache. Bätzing wirbt für einen "maßvollen Genuss von Alkohol". Dies habe nichts mit einem Alkoholverbot zu tun. In bestimmten Situationen müsse auf Alkohol verzichtet werden. "Dazu gehören der Straßenverkehr und die Schwangerschaft."

GdP: "Da riskiere ich Menschenleben"

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat Beckstein für dessen Aussage, man könne unter Umständen nach dem Genuss von zwei Maß Bier noch Autofahren, ebenfalls scharf kritisiert. "Ich frage mich, was ihn da geritten hat. Vermutlich hatte er gerade zwei Maß Bier getrunken, als er das gesagt hat", monierte der GdP-Landesvorsitzende Harald Schneider am Dienstag in München. "So was macht unsere Arbeit ja zunichte", betonte Schneider und wies auf zahlreiche Präventions-Kampagnen hin.

Der GdP-Vorsitzende betonte: "Da riskiere ich Menschenleben, wenn ich mit zwei Maß Bier durch die Gegend fahre." Beckstein habe sich mit der Aussage zwei Wochen vor der Landtagswahl "einen Bärendienst erwiesen". Die Menschen seien jedoch "vernünftiger als unser Ministerpräsident", betonte Schneider. So kämen "99 Prozent" der Oktoberfest-Besucher mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Wiesn. Die Polizei kontrolliere Autofahrer trotzdem verstärkt.

ADAC: Becksteins Aussagen sind Unsinn

Der ADAC hält Becksteins Ansichten ebenfalls für "Unsinn". "Man kann sich auf keinen Fall an die Promillegrenze rantrinken", betont Sprecherin Maxi Hartung. Jeder Mensch reagiere anders auf Alkohol. "Fahrtüchtig" sei man höchstens noch nach einem kleinen Bier oder einem Glas Wein zum Essen, keinesfalls aber nach zwei Maß. Beckstein solle "die Menschen nicht dazu auffordern, Alkohol zu trinken und dann noch Auto zu fahren", warnt Hartung. "Dafür passieren zu viele Alkohol-Unfälle." Dabei seien 2006 bundesweit fast 600 Menschen gestorben und fast 27.000 Verkehrsteilnehmer verletzt worden. "Wer auf die Wiesn geht, sollte das Auto stehen lassen", appelliert Hartung daher.

Neues Wahlkampfthema

Der bayerische SPD-Spitzenkandidat Franz Maget warnt den Ministerpräsidenten vor einer Verharmlosung von Alkohol am Steuer. Er habe nichts dagegen, auf einem Volksfest eine Maß Bier oder auch eine zweite zu trinken, sagte Maget am Dienstag in München. Aber dann müsse das Auto "definitiv stehen bleiben". Maget betonte: "Ein früherer Innenminister muss das wissen."

Maget riet Beckstein dringend davon ab, "das so unters Volk zu bringen". Alkohol am Steuer dürfe nicht verharmlost werden, betonte Maget und warnte: "Das kostet den Führerschein, und möglicherweise führt das zu vermeidbaren Unfällen."

Spott von den Grünen

Die Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper höhnt: "Solange man wie Günther Beckstein einen Chauffeur hat, kann man auch mit zwei Maß noch Auto fahren." Der Genuss von Bier gehöre zur bayerischen Tradition, "besoffen Auto fahren nicht". Der Vize-Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, beschuldigt Beckstein gar, das "gute Oktoberfestbier als dünne Plörre" zu verunglimpfen. "Das sollten sich die Wiesn-Wirte nicht gefallen lassen."

Und allein die zeigen noch Verständnis für Beckstein. Wiesn-Wirtesprecher Toni Roiderer findet: Wenn ein "Mannsbild mit hundert Kilo" den ganzen Tag über zwei Maß trinke und dazu etwas esse, könne der mit Sicherheit noch Auto fahren. "Wir wollen ein bisschen Lebensfreude auch noch haben."

Beckstein führte seine Äußerung noch aus: "Natürlich nicht, wenn man die zwei Maß in zwei Stunden trinkt." Beckstein ergänzte, zwar müsse der Alkoholmissbrauch hart bekämpft werden, aber man dürfe nicht den Genuss eines Glases Bier oder Wein verteufeln. (ae/ddp)

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