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Am Montag fiel das Urteil vor dem Amtsgericht Tiergarten.

© dpa

Befangenheit: Kein Recht auf Meinungsäußerung für Schöffen?

Weil sie ein paar Leserbriefe an den Tagesspiegel schrieb, wurde eine Schöffin ausgeschlossen. Das kann nicht richtig sein. Ein Kommentar

Von Fatina Keilani

Verliert man als Schöffe bei Gericht sein Recht auf Meinungsäußerung? Diese Frage stellt sich, nachdem eine Strafkammer des Landgerichts am Freitag die Schöffin Rita D. wegen „Besorgnis der Befangenheit“ abgelehnt hat. Der Prozess gegen den bulgarischen „U-Bahn-Treter“ Svetoslav S. muss nun mit neuen Schöffen neu beginnen. Rita D. ist unter anderem eine fleißige Leserbriefschreiberin, der Tagesspiegel druckte einige ihrer Zuschriften ab. Sie äußert sich pointiert, aber nicht so, dass man glauben könnte, dass sie dem Angeklagten nicht unvoreingenommen gegenübertreten würde – weshalb die Berliner Entscheidung kritikwürdig ist. Der Bundesgerichtshof hat 2006 den Maßstab für Befangenheit festgelegt: wenn ein Richter den Eindruck erweckt, er habe sich in der Schuld- und Straffrage schon festgelegt. Damals ging es um Korruption im Zusammenhang mit dem Bau der Münchner Allianz-Arena, und die Vorsitzende Richterin hatte an einem Presseartikel zulasten des Angeklagten mitgewirkt. Dessen Verteidiger scheiterte beim Versuch, die Richterin wegen Befangenheit loszuwerden. Wenn aber nicht mal die Ablehnung einer Berufsrichterin gelingt, so kann sie erst recht nicht bei einer Laienrichterin angemessen sein, zumal sich diese zum Fall gar nicht geäußert hat.

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