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Das Europaparlament in Brüssel.

© imago images/Michael Kneffel

Bericht von Transparency International : Mehrheit der EU-Abgeordneten meldet keine Treffen mit Lobbyisten

Die Transparenz im EU-Betrieb lässt zu wünschen übrig. Nur etwa ein Drittel der Europaabgeordneten macht Lobbytreffen öffentlich. 

Im Jahr 2011 hatten das Europaparlament und die EU-Kommission ein gemeinsames öffentliches Transparenzregister eingerichtet, das Informationen über Personen und Organisationen enthält, die versuchen, Einfluss auf die EU-Politik zu nehmen. Im europäischen Lobbyregister sind Anwaltskanzleien, Nichtregierungsorganisationen, Think-Tanks sowie klassische Lobbyisten aufgelistet.

Nur wer sich registrieren lässt, erhält einen gesonderten Ausweis für offizielle Interessenvertreter, der beispielsweise für den Zugang zu den Gebäuden des EU-Parlaments erforderlich ist. Im Juli 2020 waren 11.776 Organisationen im Register eingetragen, von denen 6.501 Personen beim Parlament akkreditiert sind.

Nach dem Beginn der deutschen EU-Präsidentschaft am 1. Juli müssen die Regeln für Transparenz und Lobbyismus verschärft werden, fordert eine Allianz von Europaabgeordneten. Deutschland solle dem Beispiel Finnlands folgen und berichten, was bei den Ratstreffen passiert.

Die Plattform Integrity Watch EU von Transparency International enthält alle bis Juni 2020 offengelegten Lobbyisten-Treffen. Zukünftig soll dieses Register alle zwei Wochen aktualisiert werden. Nach den Angaben von Transparency International wurden seit Juni 2019 genau 8.310 Lobbytreffen registriert, bei denen Abgeordnete mit Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und anderen Interessenvertretern zusammentrafen.

Nicht alle Ausschussvorsitzenden geben eine Meldung ab

Entsprechend der vom Parlament im Januar 2019 verabschiedeten Regelungen sollten die Vorsitzenden der Parlamentsausschüsse, die jeweiligen Berichterstattenden und die Schattenberichterstattenden alle Lobby-Treffen im Zusammenhang mit den in den Ausschüssen diskutierten Berichten über ein internes System im Parlament veröffentlichen.

Die EU-Abgeordneten können darüber hinaus natürlich auch auf ihren eigenen Webseiten festhalten und offenlegen, wen sie getroffen haben. Allerdings bleibt eine derartige Veröffentlichung der Meetings mit Lobbyisten für Abgeordnete, die kein offizielles Amt in einem parlamentarischen Ausschuss bekleiden, freiwillig.

[Erschienen bei EurActiv. Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander. Übersetzung: Tim Steins. Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins.]

Nach Angaben von Transparency International haben seit Beginn dieser Legislaturperiode nur rund 37 Prozent der EU-Abgeordneten Lobbytreffen online veröffentlicht – obwohl die Kammer ein System zur Verfügung gestellt hat, um diese zu melden.

Insgesamt 259 von 704 im EU-Parlament vertretenen Abgeordneten haben während der laufenden Legislaturperiode immerhin mindestens eine Sitzung deklariert. Dabei haben auffälligerweise nur 16 von 22 Ausschussvorsitzenden – die häufig im Zentrum des politischen Geschehens stehen - Sitzungen mit Lobbyisten im Zusammenhang mit Ausschussberichten veröffentlicht.

Unterm Strich lässt sich indes feststellen, dass EU-Kommission und EU-Parlament Fortschritte in puncto Transparenz machen. Denn inzwischen wird sichtbar: Der Einfluss von Konzernen auf die Gesetzgebung hat es in sich. Über die Lobbyarbeit im Rat der EU ist weiterhin wenig bekannt, die Mitgliedsstaaten blockieren. In Deutschland sträubt sich vor allem die CDU.

Rechte Parteien haben wenig zu melden

Die Grünen belegen mit 91 Prozent der Abgeordneten, die ihre Lobby-Treffen öffentlich machen, Platz eins. Es folgen mit deutlichem Abstand die liberale Renew Europe (57 Prozent, deutsche Vertreter von der FDP), die sozialdemokratische S&D (45 Prozent, SPD), die linke GUE/NGL (39 Prozent, Die Linke), die konservative EVP (24 Prozent, CDU/CSU) und die rechte EKR (18 Prozent).

Derweil melden weniger als acht Prozent der Abgeordneten der rechtsextremen Fraktion Identität und Demokratie, der unter anderem die AfD angehört, ihre Lobby-Meetings.

Keine Meldung von kroatischen und zypriotischen Abgeordneten

Noch auffälliger sind allerdings die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten. Die transparentesten Länder sind demnach Schweden (91 Prozent der Abgeordneten haben Treffen gemeldet), Luxemburg (83 Prozent) und Finnland (71 Prozent), während am anderen Ende der Liste Italien (6,6 Prozent), Bulgarien (5,9 Prozent) und Griechenland (4,8 Prozent) sowie Zypern und Kroatien (keinerlei Meldungen) stehen.

Seit die Kommission im September 2016 ihren Vorschlag für ein verbindliches EU-Transparenzregister vorgelegt hat, laufen Verhandlungen zwischen den drei EU-Institutionen über die Einrichtung eines obligatorischen EU-Transparenzregisters. Greifbare Ergebnisse gibt es allerdings noch nicht.

Alexandra Brzozowski

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