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Politik: Berlin ist Hauptstadt der Schwarzarbeit

Studie von IHK, Handwerk und Bau: Jährlich werden 17,5 Milliarden Euro am Fiskus vorbei erwirtschaftet

Berlin - In Berlin blüht die Schwarzarbeit. Rund 17,5 Milliarden Euro werden in der Bundeshauptstadt jährlich am Fiskus vorbei erwirtschaftet – etwa ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Politik und Wirtschaft riefen am Montag zum Kampf gegen die Schattenwirtschaft auf. Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Handwerkskammer und Fachgemeinschaft Bau stellten eine Studie vor, nach der bundesweit mit illegaler Beschäftigung jedes Jahr rund 16 Prozent des BIP erwirtschaftet werden. Dies entspricht einem Volumen von rund 360 Milliarden Euro. „70 bis 80 Prozent der Bürger sind an der Schwarzarbeit beteiligt“, sagte der Präsident der Fachgemeinschaft Bau, Kaspar-Dietrich Freymuth, dem Tagesspiegel.

Die Steuerausfälle belaufen sich nach IHK-Schätzungen auf einen dreistelligen Milliardenbetrag. Schwarzarbeit verzerre nicht nur den Wettbewerb, sondern vernichte auch reguläre Arbeitsplätze, sagte IHK-Präsident Eric Schweitzer. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) forderte „drakonische Strafen“ für Unternehmen, die Schwarzarbeit fördern. Die illegale Beschäftigung von Arbeitnehmern sei „kein Kavaliersdelikt“. Es reiche nicht aus, wenn Strafzahlungen aus der Portokasse beglichen werden könnten. Legale Arbeit müsse sich wieder mehr lohnen, ergänzte der Senator. Stephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin, nannte Schwarzarbeit „knallharte Wirtschaftskriminalität“. Besonders stark betroffen seien das Handwerk und die Dienstleistungsbranche.

Berlin ist nach Meinung von Experten aber kein Sonderfall. „Schwarzarbeit findet vorwiegend in großstädtischen Ballungszentren statt. In Berlin sieht es so aus wie in Hamburg oder München auch“, sagte Friedrich Schneider von der Universität Linz. Die Wirtschaftsvertreter und Senator Wolf stellten am Montag ein Maßnahmenpaket vor, mit dem Schwarzarbeit besser bekämpft werden soll. Als eine zentrale Ursache der illegalen Beschäftigung werden in dem Positionspapier die hohen Lohnnebenkosten in Deutschland aufgeführt. „Sie müssen zwingend gesenkt werden,“ sagte IHK-Präsident Schweitzer. Die Fachgemeinschaft Bau bekräftigte ihre Forderung, mit elektronisch lesbaren Sozialausweisen illegale Beschäftigung zu bekämpfen.

Wolf schlug vor, Freibeträge für Sozialabgaben auf niedrigere Löhne einzuführen, um damit mehr Anreize für legale Beschäftigung zu schaffen. Schwarzarbeitsexperte Schneider hält zudem eine höhere Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen für sinnvoll.

2004 sind nach Wolfs Angaben aus etwa 17 700 Zollkontrollen nur etwa rund 6000 Verfahren hervorgegangen. Diese Quote müsse erhöht werden. Wolf kritisierte außerdem die für 2007 geplante Mehrwertsteuererhöhung. Sie wirke sich „kontraproduktiv auf die Bekämpfung der Schwarzarbeit aus,“ sagte der Wirtschaftssenator.

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