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Politik: Berlin ist viele Reisen wert

Der Teilumzug der Regierung kostet den Bund im Jahr sieben Millionen Euro Beihilfen für Beamte

Berlin - Der Streit um die Kosten des Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin hatte sich im vergangenen Jahr ausgerechnet an einer Frage neu entzündet, die eigentlich gar nichts mit der Verlagerung von Ministerien und dem Parlamentssitz zu tun hatte: am bevorstehenden Umzug des Bundesnachrichtendienstes nach Berlin. Erst, als den Mitgliedern des Haushaltsausschusses im Bundestag klar wurde, dass dieser Umzug – zumindest beamtenrechtlich – zu neuen Kosten führt, die dem Regierungsumzug angelastet werden sollen, forderten sie Klarheit. Und legten fest, dass in Zukunft solche Beihilfen ausschließlich an Mitarbeiter ausgezahlt werden dürfen, deren Behörden im engeren Zusammenhang mit dem Regierungsumzug stehen.

Nun liegt zum ersten Mal eine detaillierte Auflistung aller Zahlungen vor, die verbeamtete Mitarbeiter von Regierung und Parlament erhalten haben und noch heute erhalten, wenn sie ihren Wohnort wechseln oder dienstlich begründet pendeln. 194 Millionen Euro, so listet es das Bundesinnenministerium in einer Übersicht für den Haushaltsausschuss auf, flossen seit 1996 an die Beamten. Welche Gelder das sind – ob Umzugsbeihilfen, Trennungsgelder oder Pendelpauschalen –, regelt das sogenannte Dienstrechtliche Begleitgesetz. Darin haben Bund und Länder festgelegt, welche Behörden ihren Mitarbeitern solche Zusatzzahlungen überweisen dürfen.

Das meiste Geld floss mit fast 45 Millionen Euro an die Beamten der Bundestagsverwaltung. Aber auch die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes (18 Millionen Euro), des Finanzministeriums (15 Millionen Euro) erhielten umfangreiche Unterstützung durch die Umzugsbeihilfe. Noch nicht eingerechnet bei diesen Beträgen sind das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, die dem Finanzministerium unterstehen und deren Beamte zusätzlich rund 11,5 Millionen Euro erhielten. Auch Mitarbeitern von BND und Bundeskriminalamt wurden die Gelder angewiesen, wie die Übersicht des Innenministeriums für die Haushälter ausweist.

Die wirklich teuren Jahre sind jedoch vorbei. Seit 2004 bezahlen die Ministerien und Verwaltungen im Schnitt nur noch zwischen sieben und acht Millionen Euro für nachziehende Beamte oder aber weiter für Pendler, die montags etwa von Bonn nach Berlin fliegen und freitags zurück. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 kostete dieser Teil des Regierungsumzugs noch fast 60 Millionen Euro.

Obwohl die Ausgaben stark rückläufig sind, gibt es bereits derbe Kritik der Haushälter. So fordert der haushaltspolitische Sprecher der Union, Steffen Kampeter (CDU) das Auslaufen des Dienstrechtlichen Begleitgesetzes. „16 Jahre nach der deutschen Einheit“, sagt Kampeter, müsse nun endlich mal Schluss sein mit solchen Sonderzahlungen. Schließlich werde „die Geschäftsgrundlage nun langsam brüchig“.

Aber auch die Großzügigkeit der Ministerien, die offenbar Zahlungen auch an Mitarbeiter untergeordneter Behörden geleistet haben, deren Umzug nichts mit der Sitzverlagerung der Bundesregierung zu tun hat, wird weiter für Streit sorgen. Denn im Bericht weist das Innenministerium erneut deutlich darauf hin, dass „das jeweils zuständige Ministerium“ entscheide, ob und welche Mitarbeiter Zusatzgelder erhalten sollen. Und das, obwohl der Bundestags-Haushaltsausschuss zuletzt Anfang November diesem Zustand ein förmliches Ende gesetzt hatte.

Welchen Einfluss die Umzugsgeldzahlungen auf die Debatte zum Komplettumzug der Regierung nach Berlin haben wird, ist dabei noch nicht abzusehen. Das Projekt, dessen Kosten auf rund fünf Milliarden Euro geschätzt wird und dessen Umsetzung nicht nur von Berliner Spitzenpolitikern seit Jahren lautstark gefordert wird, wird wahrscheinlich erst im April wieder ernsthaft die Gemüter bewegen. Denn spätestens dann muss die Regierung den Haushältern mit neuen Berichten Auskunft geben. Und darin geht es dann um all die anderen Kostenfragen der geteilten deutschen Regierung, wie die Unterhaltung von Immobilien, den Kosten dauerhafter Dienstreisen und den Effizienzverlusten, die zwangsläufig entstehen, wenn Ministerien an hunderte Kilometer voneinander entfernten Orten regieren.

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