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Politik: Berlin wertet Bushs Lob als gutes Signal

Entspannung im deutsch-amerikanischen Verhältnis / Bundeswehr ins nordafghanische Kundus?

Berlin. Nach dem überraschenden Lob von US-Präsident George W. Bush für das deutsche Engagement in Afghanistan deutet sich eine Entspannung in den deutsch-amerikanischen Beziehungen an. Die Bundesregierung würdigte Bushs Äußerungen als positives Signal für das Verhältnis zu Washington. Nach monatelangen Spannungen wegen des Irak-Konflikts hatte Bush am Freitag auf seiner Ranch in Texas Deutschlands Rolle beim Aufbau in Afghanistan besonders hervorgehoben. Er erklärte, Bundeskanzler Gerhard Schröder für die übernommene Verantwortung danken zu wollen. „Deutschland hat eine sehr aktive Rolle in Afghanistan übernommen, und wir sind sehr dankbar dafür“, sagte der US-Präsident. Die deutsche Hilfe sei sogar größer ausgefallen, als es die USA erwartet hätten.

Der SPD-Außenexperte Gernot Erler wertete Bushs Äußerungen als „echtes Zeichen von Respekt und Anerkennung“ für Deutschlands Leistung in Afghanistan. Der US-Regierung werde klar, dass die Ressourcenbindung im Irak sie vor Probleme stelle. Zudem gerate Bush im eigenen Land stark unter Druck, sagte Erler. Dort wolle die Öffentlichkeit wissen, warum er es nicht schaffe, seine Verbündeten einzubinden. „Die freundliche Äußerung gegenüber der deutschen Regierung ist auch innenpolitisch eine Entlastung für Bush“, sagte der SPD-Fraktionsvize.

Schröder will einem Magazinbericht zufolge im September vor den Vereinten Nationen eine Grundsatzrede über eine neue Rolle Deutschlands in der Welt halten. Der „Spiegel“ berichtete, der Kanzler wolle Ideen für eine UN-Charta vortragen.

Unterdessen scheint die Entscheidung gefallen, dass deutsche Soldaten künftig auch im Norden Afghanistans in der Stadt Kundus nahe der tadschikischen Grenze eingesetzt werden. Erler sagte: „Es läuft alles auf Kundus hinaus.“ Wahrscheinlich sei ein Einsatz von 100 bis 200 Soldaten in der Region, zusätzlich zu zivilen Aufbauhelfern. Zugleich versuche die Regierung, andere europäische Länder zu bewegen, sich an weiteren Wiederaufbauteams zu beteiligen. Ein Einsatz deutscher Soldaten in Kundus wäre nicht durch den aktuellen Bundeswehr-Auftrag für Afghanistan gedeckt. Der Bundestag müsste der Ausweitung zustimmen. Dies könne in der zweiten Septemberwoche geschehen, sagte Erler. Das Kabinett will noch im August einen entsprechenden Entschluss fällen.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, für einen Einsatz über Kabul hinaus werde weder das zunächst genannte Herat noch das zeitweise von ihm selbst favorisierte Tscharikar in Erwägung gezogen. Tscharikar sei „eine der befriedeten Provinzen“ Afghanistans, sagte der Verteidigungsminister. Deshalb müsse man sich fragen, „ob es sinnvoll ist, an einen Ort zu gehen, der ohnehin stabil ist“.

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Markus Feldenkirchen

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