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Politik: Beweglich bleiben

Bei Vermögen- und Erbschaftsteuern will die Union im Bundesrat hart bleiben – bei Unternehmensteuern ist sie auf Kompromisskurs

Von Albert Funk

„Die Steuerfront der Union steht“, sagt CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer stolz mit Blick auf Forderungen aus der SPD, die Vermögensteuer wieder zu erheben und die Erbschaftsteuer zu erhöhen. Mit diesem Vorstoß haben sich die SPD-Regierungschefs Sigmar Gabriel, Kurt Beck, Wolfgang Clement und Heide Simonis in der Vorwoche hervorgetan. Sie wollen die Einnahmen, die den Ländern zustehen, in die Bildungspolitik investieren. Bislang hat die Union eine Änderung bei beiden Steuern rundweg abgelehnt. Aber die Steuerfront der Union stand ja auch im Jahr 2000, bis dann der damalige Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen bei der Abstimmung zur rot-grünen Steuerreform im Bundesrat umfiel. Ein Trauma in der Union bis heute, nicht zuletzt bei Parteichefin Angela Merkel. Wankt die Union möglicherweise doch? Zumindest Clement hält eine Zustimmung des Bundesrats, wo die Union die Mehrheit hat, bei der Vermögensteuer für möglich.

In diesem Zusammenhang hat nun Sachsens CDU-Regierungschef Georg Milbradt mit dem Satz Aufregung verursacht, im Bundesrat werde erst nach Landes- und dann nach Partei-Interessen entschieden. Dieser von der „Bild“ vermeldete Ausspruch aber, so Milbradt in einem eiligen Dementi, beziehe sich nicht auf die Vermögen- und Erbschaftsteuern. Zudem, so heißt es bei den CDU-Regierungen im Osten, brächten diese Steuern angesichts der Vermögensverhältnisse in den neuen Ländern kaum etwas ein. Allerdings bedeuten höhere Steuereinnahmen in den reicheren Ländern im Westen auch eine gewisse Erhöhung des Finanzausgleichs zu Gunsten der ärmeren.

Auch wenn hier die Steuerfront steht, es gibt dennoch eine Debatte in der Union, wie man im Bundesrat verfährt. Eine harte Neinsager-Politik wird es laut Merkel nicht geben. Aber wie weit eine Kooperation mit Rot-Grün gehen soll, da dürften die Vorstellungen differieren. Die Wahlanalyse hat manchem in der Partei zu denken gegeben. Mehr Vertrauen bei städtischen Wählern und in der Mitte, so der Saar-Ministerpräsident Peter Müller, werde die Union nur erwerben, wenn sie „nachvollziehbar konstruktiv“ bei der Lösung von Problemen mitarbeite. Niedersachsens CDU-Chef Christian Wulff plädiert deshalb für eine „sozialere Union“.

Die leise Hoffnung unter SPD-Landespolitikern (die Bundes-SPD ist eher skeptisch) auf ein Zerbröckeln der Steuerfront der Union speist sich vorerst aber allein aus dem Blick auf die Landeshaushalte. Um die steht es schlecht, und das gibt Ansatzpunkte, die Unionsfront zumindest zu testen. Die Einnahmen der Länder blieben bis Ende August um 4,3 Prozent unter denen des Vorjahreszeitraums – eine beträchtliche Summe, weil die Länderhaushalte kaum Spielräume haben. Das Defizit aller Länder liegt mit 24 Milliarden Euro um 8,5 Milliarden über dem des Vorjahreszeitraums und schon jetzt deutlich über dem Plansoll von 19,9 Milliarden für das Gesamtjahr. 2003 wird sich die Situation nur wenig bessern. Im Osten belasten zusätzlich die Flutschäden.

Da eine höhere Neuverschuldung tabu ist, sollen Änderungen bei der Körperschaftsteuer, der Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne und der Verlustverrechnung bei Kapitalgesellschaften Ausgleich schaffen. Hier zeigt sich die Union teils kompromissbereit. Ziel sei es, den Steuerverfall zu reduzieren, so Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser. Unklar ist, ob die Union auch eine Mindeststeuer für Unternehmen mitträgt, wie sie die SPD fordert. Während die Finanzminister in Stuttgart und München diese ablehnen, ist Milbradt hierfür offen.

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