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Politik: Biblis-Panne: Muss RWE Strom zukaufen? Kernkraftwerkbetreiber erwägt, Versorgungslücke mit Importen aufzufüllen

Berlin - Der Stromerzeuger RWE muss wegen der außerplanmäßigen Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis in Hessen möglicherweise Strom einkaufen. Dies könnte beispielsweise an der Deutschen Börse EEX geschehen, wo grenzüberschreitend Strom gehandelt wird.

Berlin - Der Stromerzeuger RWE muss wegen der außerplanmäßigen Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis in Hessen möglicherweise Strom einkaufen. Dies könnte beispielsweise an der Deutschen Börse EEX geschehen, wo grenzüberschreitend Strom gehandelt wird. Das bestätigte Unternehmenssprecher Manfred Lang dem Tagesspiegel. Außerdem werde die Firma ersatzweise auch auf Strom aus anderen RWE-Kraftwerken zurückgreifen.

Der Reaktor Biblis B war am Montagabend abgeschaltet worden, nachdem bei einer Generalüberholung in Block A mehrere fehlerhaft montierte Schwerlastdübel aufgefallen waren. Das hessische Umweltministerium hatte daraufhin angeordnet, die Dübel in beiden Kraftwerken auf mögliche Montagefehler zu überprüfen. Block A ist wegen Generalüberholung bereits seit dem 15. Oktober vom Netz.

Durch das Abschalten des Atomkraftwerks gehen RWE insgesamt 2500 Megawatt Strom verloren. Eine Menge, die das Unternehmen nicht zuletzt deswegen kompensieren muss, weil rund 60 Prozent der Stromabnehmer in Hessen mit Energie aus Biblis versorgt werden. „Damit diese Lücke gestopft wird, müssen nun andere Kraftwerke hochgefahren werden“, erläutert Thorsten Volkert, Sprecher beim hessischen Umweltministerium. „Oder Sie kaufen entsprechende Strommengen bei Energieerzeugern in Frankreich oder Osteuropa.“ Wie viel ein entsprechendes Vorgehen kosten würde, wollte am Mittwoch bei RWE niemand abschätzen. Bekannt ist dagegen, wo der Essener Energiekonzern die fehlenden Megawatt einkaufen könnte: an der Börse in Leipzig.

Es könnte teuer werden, zumal noch nicht feststeht, wie lange Biblis abgeschaltet bleibt. „Wenn die Dübel falsch installiert sind, müssen sie komplett ausgetauscht werden“, sagt der Sprecher des hessischen Umweltministeriums. „Das kann Wochen oder Monate dauern.“ Die beanstandeten Spezialdübel – 8000 Stück – waren zwischen 1999 und 2006 von einer nicht benannten „Fremdfirma“ im Rahmen von Nachrüstungsmaßnahmen zum Schutz vor Erdbeben montiert worden. Durch ein auf den Dübeln basierendes Aufhängesystem sollten wichtige Rohrleitungen im Kraftwerk vor starken Erschütterungen geschützt werden, wie sie bei Erdbeben, aber auch beim Herunterfahren eines Atomreaktors auftreten können. Durch den Vorfall wurden auch andere Akw-Betreiber hellhörig: So lässt die Energie Baden-Württemberg ihre Kernkraftwerke Philippsburg I I und Neckarwestheim I auf fehlerhafte Dübel überprüfen.

Warum diese in Biblis erst jetzt auffielen – darauf hat man bei RWE keine Antwort. Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) macht das Sicherheitsmanagement des Energiekonzerns verantwortlich. „Bei Biblis wundert mich nichts mehr“, sagt der DUH-Geschäftsführer. Der aktuelle Vorfall füge sich in eine ganze Reihe sicherheitstechnischer Unzulänglichkeiten. „Der Vorfall zeigt, welche Probleme die Betreiber haben, ihre Atomkraftwerke sicher zu betreiben.“ Aus Baakes Sicht spricht „viel dafür, Biblis A vorzeitig vom Netz zu nehmen. Für Biblis B gilt im Grunde genau dasselbe.“ Im Zuge des Atomausstiegs sollte Biblis A im kommenden Jahr stillgelegt werden – allerdings stellte RWE Ende September den Antrag, den Reaktor länger als geplant nutzen zu dürfen.

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